BGH untersagt “hautfreundlich”-Werbung für Desinfektionsmittel

2024-10-11_09h10_04.pngDer Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 10.10.2024 (Az. I ZR 108/22) entschieden, dass die Bezeichnung eines Desinfektionsmittels als “hautfreundlich” irreführend ist und daher unzulässig. Diese Entscheidung basiert auf einer Auslegung der Biozidverordnung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) (EuGH - Urteil vom 20.06.2024 - C 296/23).

 

Worum ging es in dem Rechtstreit?

Die Wettbewerbszentrale klagte gegen eine Drogeriekette, die während der Corona-Pandemie ein Desinfektionsmittel als “ökologisch, bio und hautfreundlich” beworben hatte. Die Wettbewerbszentrale argumentierte, dass solche positiven Bezeichnungen wettbewerbswidrig seien, da sie die Risiken des Produkts verharmlosen könnten. Während die Begriffe “bio” und “ökologisch” bereits im früheren Instanzenzug untersagt wurden, hielt das Oberlandesgericht die Bezeichnung “hautfreundlich” für zulässig. Die Bezeichnungen "Bio" und "ökologisch" sind bei Bioziden in den meisten Fällen unstreitigerweise unzulässig.

Die Frage, ob der Begriff "hautfreundlich" ebenfalls zu untersagen ist, landete schließlich vor dem BGH.

Was hat das Gericht geurteilt?
Der BGH entschied, dass die Bezeichnung “hautfreundlich” für ein Desinfektionsmittel irreführend ist und daher unzulässig. Diese Entscheidung stützte sich auf das Urteil des EuGH, der feststellte, dass Biozidprodukte nicht in einer Weise beworben werden dürfen, die ihre Risiken verharmlost oder negiert. Der EuGH urteilte, dass die Angabe “hautfreundlich” eine positive Konnotation habe und keine Risiken erwähne, was geeignet sei, schädliche Nebenwirkungen zu relativieren und anzudeuten, dass das Produkt sogar von Nutzen sein könnte. Der BGH folgte dieser Auslegung und untersagte die Werbung mit der Bezeichnung “hautfreundlich”.

Der BGH sieht laut eigener Pressemitteilung (Nr. 194/2024) "die Angabe "Hautfreundlich" zur Bezeichnung eines Desinfektionsmittels [...] als "ähnliche[n] Hinweis" [und subsumiert diesen daher] unter das Verbot des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Biozidverordnung".

Fazit
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass Werbeaussagen für Biozidprodukte streng geprüft werden müssen, um irreführende Angaben zu vermeiden. Die Bezeichnung “hautfreundlich” für Desinfektionsmittel ist unzulässig, da sie die Risiken des Produkts verharmlosen könnte. Auch die Bezeichnungen "ökologisch" oder "bio" sind vorsichtig zu verwenden. Unternehmen sollten daher bei der Werbung für Biozidprodukte besonders vorsichtig sein und sicherstellen, dass ihre Aussagen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Autor
Benjamin Schmidt
Benjamin Schmidt
Counsel - Dipl. Jur. - Externer Datenschutzbeauftragter (TÜV)
Herr Schmidt gehört der DURY GRUPPE bereits seit Juni 2015 an und ist seit Januar 2016 Mitarbeiter bei DURY LEGAL. Neben seiner juristischen Ausbildung ist Herr Schmidt auch zertifizierter externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). In dieser Funktion betreut er unsere Mandanten im Bereich E-Commerce, Datenschutz und IT-Recht.