Update: BGH - WLAN Haftung - Filesharing -Urteil v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens

Haftung für unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss

(Leitsätze von RA Dury)

bgh_logoPrivatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.

Laut Pressemitteilung zu diesem Urteil sind die Abmahnkosten bei erstmaligen Filesharing-Abmahnung wegen einer angeblichen Verbreitung eines Musikstückes gem. § 97a Abs.2 UrhG auf maximal 100,00 € begrenzt.

In der Urteilsbegründung macht der BGH keine Ausführungen zur Anwendbarkeit der § 97a Abs. 2 UrhG, da diese Norm nicht rückwirkend auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt angewendet werden kann.

 

Sachverhalt:

Über den Internetanschluss des Beklagten wurde ein urheberrechtlich geschütztes Werkstück der Klägerin in einer Internettauschbörse zum Download angeboten (Filesharing).  Der Beklagte war in der fraglichen Zeit jedoch in Urlaub. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung:

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verurteilte den Anschlussinhaber auf Unterlassung und dem Grunde nach auf Erstattung der Abmahnkosten.

Der BGH verneint die Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung. Er ist aber der Ansicht, dass der private Anschlussinhaber zumindest prüfen muss, ob sein WLAN-Anschluss (Funknetzwerk) durch angemessene Sicherungsmaßnahmen (Verschlüsselung) vor der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung durch Dritte geschützt ist. Besitzt das Funknetzwerk keine ausreichende Verschlüsselung kann der Anschlussinhaber im Rahmen der Störerhaftung auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden.

Wenn das Funknetz von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden kann, darf sich der Anschlussinhaber also nicht darauf zurückziehen, er habe damit nichts zu tun. Gleichwohl ist der BGH der Ansicht, dass es dem privaten Betreiber eines Funknetzes jedoch nicht zugemutet werden kann, sein Netzwerk fortlaufend auf den neuesten Stand der IT-Sicherheit zu halten und dafür finanzielle Mittel aufzuwenden.

Die Überwachungs- und Kontrollpflicht des Anschlussinhabers ist deswegen allein an der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungstechnik zu messen.

Im konkreten Fall hat der BGH angenommen, der Anschlussinhaber habe dieser Pflicht nicht genügt, denn der Anschlussinhaber hatte die werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers unverändert übernommen und das vorhandene Passwort des WLAN-Routers  nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort ersetzt. Ein solcher Passwortschutz war auch für private WLAN-Nutzer bereits im Jahre 2006 üblich und zumutbar.

Der BGH geht in Ansehung der Pressemitteilung bei einer erstmaligen Filesharing-Abmahnung wegen eines Musikstücks von einer Deckelung der Abmahnkosten gem. § 97a Abs. 2 UrhG aus (Aufwendungsersatz gem. GoA).

Eine Schadensersatzpflicht des Anschlussinhabers verneint der BGH, da kein täterschaftliches Mitwirken vorliegt. Mangels Vorsatz nahm der BGH auch keine Teilnehmerschaft an.

Kommentar - Folgen für die Praxis:

Es wird zukünftig einfacher sein den Forderungen der Abmahnkanzleien bei Filesharing-Abmahnungen entgegen zu treten. Das Prozessrisiko wird nach Abgabe einer Unterlassungserklärung weiter sinken. Gleichwohl bleibt es weiterhin gefährlich, überhaupt nicht auf eine Abmahnung zu reagieren, da der BGH das Bestehen eines Unterlassungsanspruches zumindest dann angenommen hat, wenn das WLAN nicht ausreichend gesichert war.

Insbesondere ist auch der Hinweis des BGH in der Pressemitteilung bzgl. der Anwendbarkeit der Bagatellklausel des § 97a Abs.2 UrhG bei der Abwehr von Abmahnungen sehr hilfreich. Hier ist die Bemerkung in der Pressemitteilung als "Wink mit dem Zaunpfahl" für die bislang uneinheitliche Instanzrechtsprechung zu werten. Da der Sachverhalt bereits im Jahr 2006 stattgefunden hatte und die Bagatellregelung des § 97a Abs.2 UrhG erst im Jahr 2008 in Kraft getreten ist,  enthält die Urteilsbegründung leider keine Ausführungen mehr zur Anwendbarkeit des § 97a Abs.2 UrhG.  Nun ist also zu beobachten, welchen Einfluss die vom BGH in der Pressemitteilung geäußerte Rechtsansicht:

„… nach geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht fallen insofern
maximal 100 € an.“

auf die Instanzrechtsprechung haben wird.

Ungeklärt ist auch, ob die Bagatellregelung bei Filmwerken, ganzen Musikalben, Chartcontainern eingreifen kann, oder ob die Erheblichkeit der Rechtsverletzung hier bereits zu hoch zu bewerten ist. Das Urteil des BGH bezieht sich auf ein einzelnes Musikstück. Ein weiteres Schlupfloch für die Abmahnkanzleien ?

Aus der Pressemitteilung ergibt sich auch nicht, auf welche Verschlüsselung sich der BGH bezieht. Nach dem heutigen Stand der Technik wird eine WPA2-Verschlüsselung als ausreichend angesehen.

WEP und WPA Verschlüsselung sowie MAC-Filter gelten heutzutage nicht mehr als ausreichende Sicherung.

Eine WPA2-Verschlüsselung entspricht dagegen dem Stand der Technik und verbessert nach Maßgabe dieses Urteils die eigene Rechtsposition erheblich, es sei denn man verwendet einen voreingestellten, nicht individuellen Schlüssel, der sich bei einigen Router-Modellen auf einem Aufkleber auf dem Gehäuse des Routers befindet.

Wenn Sie auch eine Filesharing-Abmahnung erhalten haben finden Sie schnelle Hilfe unter www.filesharinganwalt.de .

 


BGH-Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens - Pressemitteilung