Dem Inhaber eines Internetanschlusses steht in einem Auskunftsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG ein Beschwerderecht zu. Dies hat das OLG Köln entschieden.
Das Auskunftsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gibt dem Rechteinhaber seit dem Jahr 2008 die Möglichkeit, von einem Telekommunikationsdiensteanbieter (Telekom, O2, etc.), die Adresse eines der Urheberrechtsverletzung verdächtigten Anschlussinhabers herauszuverlangen. Das OLG Köln ist der Ansicht, dass auch wenn der Provider die Auskunft erteilt habe und sich damit die richterliche Gestattung erledigt habe, weiterhin ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers bestehe.
Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass das OLG Köln, das Merkmal des "gewerblichen Ausmaßes" der Rechtsverletzung beim Upload eines einzigen Musikalbums, welches bereits seit mehr als einem Jahr auf dem Markt war, abgelehnt hat.
Sachverhalt
Wie bei Filesharing-Abmahnungen üblich, hatte eine Plattenfirma (Universal Music GmbH), über eine Ermittlungsfirma angeblich eine Urheberrechtsverletzung festgestellt,. Es handelte sich um ein Pop-Album , welches in einer sog. Tauschbörse (Bittorrent, Emule, etc.) illegal zum Download angeboten worden sein soll. Da die IP-Adresse geloggt wurde, konnte die Kanzlei RASCH Rechtsanwälte, Hamburg, gem. § 101 Abs. 9 UrhG einen Auskunftsanspruch gegen den Provider des Anschlussinhabers vor dem LG Köln durchsetzen. Nach Erhalt der Postadresse des Anschlussinhabers, mahnten RASCH Rechtsanwälte den Anschlussinhaber ab und forderten ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Kostenübernahme oder zur Zahlung eines abschließenden Vergleichsbetrages von 1.200 Euro auf. Der Anschlussinhaber reichte gegen den Auskunftsbeschluss gem. § 101 Abs. 9 UrhG Beschwerde ein. Er begründete die Beschwerde damit, dass der Provider Informationen über ihren Internetanschluss weitergegeben und das LG dies gestattet habe, ohne ihn hierüber zu informieren.
Das OLG Köln gab der Beschwerde statt. Es bejahte ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers in dem Verfahren gem. §101 Abs. 9 UrhG. Das Beschwerderecht des Anschlussinhabers ist auch nicht durch Erledigung des Verfahrens erloschen, denn das Interesse des Anschlussinhabers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auskunftsbeschlusses erlischt durch die Erledigung nicht. Eine nachträgliche Feststellung ist möglich (vgl. § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Der Anschlussinhaber werde durch die richterliche Anordnung weiterhin erheblich beeinträchtigt, weil der Rechteinhaber sich nach erteilter Auskunft zunächst an ihn wende und die Ansprüche aus einer angeblichen Störerhaftung geltend mache. Hierdurch zwinge der Rechteinhaber den Anschlussinhaber zur Rechtsverteidigung, wodurch hohe Kosten entstehen könnten.
Ohne eigenes nachträgliches Beschwerderecht im Auskunftsverfahren wäre die Möglichkeit der Rechtsverteidigung aber wesentlich erschwert. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auskunft kann nämlich im Rahmen einer Klage des Rechteinhabers auf Ersatz von Kosten und Schadenersatz gegen diese Ansprüche ins Feld geführt werden.
Im Rahmen seiner nachträglichen Beschwerde im Verfahren nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG kann der Anschlussinhaber aber nur die Argumente vorbringen, die im Zusammenhang mit den Voraussetzungen des Auskunftsanspruches stehen, also "Rechtsinhaberschaft, Offensichtlichkeit und gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung".
Nicht relevant sind Einwände, die im Auskunftsverfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG gar nicht geprüft werden, also zum Beispiel mit der Argumentation, die IP-Adresse sei falsch zugeordnet worden, er selbst habe den Internetanschluss zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht genutzt oder sein Funknetzwerk sei gehackt worden. Diese Fragen werden erst in einem ggf. nachfolgenden Unterlassungs- oder Schadenersatzprozess relevant.
Eine entscheidende Passage des Beschlusses stellt fest, dass der Anschlussinhaber insbesondere auch deshalb in seinen Rechten verletzt wurde, da das gewerbliche Ausmaß der Urheberrechtsverletzung nicht festgestellt werden konnte.
Bei einem Musikalbum, das schon vor mehr als eineinhalb Jahren erschienen sei, müssten besondere Umstände vorliegen, um eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß annehmen zu können! Weder RASCH Rechtsanwälte noch die Universal Music GmbH konnten solche Gründe in dem konkreten Fall darlegen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das OLG in seinem Beschluss vom 05.10.2010 die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen (Az.: 6 W 82/10).