Rapid Share - One Click Hoster - OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2010, Az. I-20 U 166/09 12 O 221/09 §§ 19a; 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG

UPDATE: September 2013
Der Bundesgerichtshof hat in einem neuen Urteil die zwischenzeitlich bestätigten Prüfpflichten für Anbieter von File-Hosting Services weiter verschärft. Nähere Informationen zur Entscheidung finden Sie in unserem neuen Blogbeitrag.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2010, Az. I-20 U 166/09 12 O 221/09 §§ 19a; 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG
 
rapidshare1. One-Clicke-Hoster (Sharehoster) wie Rapidshare.com oder Megaupload.com, bei denen die Nutzer Daten auf den Servern des Diensteanbieters ablegen und Dritten mittels eines Links zur Verfügung stellen können, haften weder als Täter noch als Teilnehmer von über diese Dienste begangenen Urheberrechtsverletzungen;

 

 
2. Auch eine auf Unterlassung und Beseitigung gerichtete Störerhaftung greift nicht ein. Den One-Click-Hostern stehen keine zumutbaren technischen Maßnahmen zur Verfügung, um den Upload urheberrechtlich geschützten Materials zu verhindern. Die Dateinamen ermöglichen keinen ausreichenden Rückschluss auf den Inhalt der Dateien. Die Dateien sind oft verschlüsselt und passwortgeschützt.

 

 
3. Das Geschäftsmodell von One-Click-Hostern ist legal und durch die Rechtsordnung geschützt.
 
 



zu 1:
 
Wie schon das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 21.09.2007, Az. 6U 86/07, GRUR-RR 2008, 35 = MMR 2007, 786) zur Antragstellerin herausgearbeitet hat, ist die Antragsgegnerin nicht als Täterin oder Teilnehmerin der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzungen anzusehen (anders Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2.Juli 2008 - 5U 73/07, NJOZ 2008, 4927 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009 - 5 U 111/08, MMR 2010, 51). Indem sie die Nutzung ihres Dienstspeicherplatzes zum Hochladen beliebiger Dateien zur Verfügung stellt und den Hochladern durch Mitteilung des Download-Links die Möglichkeit gibt, auch anderen Nutzern Zugriff auf die gespeicherten Daten zu verschaffen, nimmt sie selbst keine Veröffentlichungen des Inhaltes vor, so dass ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß ausscheidet.

Auch eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen der Nutzer kommt nicht in Betracht. Die Teilnehmerhaftung setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 148, 13,17 = GRUR 2001, 1038 - Ambiente.de). Von einem solchen Vorsatz kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Es ist dem Geschäftskonzept der Antragsgegnerin inhärent, dass sie von dem Inhalt der gespeicherten Daten weder vorher noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu der vom Nutzer veranlassten Bekanntgabe der Download-Links an Dritte Kenntnis hat. Die Hinweise, dass die Antragsgegnerin es darauf anlege, die Raubkopierszene zur Nutzung ihres Dienstes einzuladen, entspricht einem Generalverdacht gegen Sharehoster-Dienste und ihre Nutzer, der so nicht zu rechtfertigen ist.

 
zu 2:
Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setzt eine solche Verantwortlichkeit die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich nach allgemeinen Zumutbarkeitsüberlegungen richtet.

Allerdings hat die Antragstellerin im Streitfall die Anspruchsvoraussetzungen der allgemeinen Störerhaftung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Haftung der Antragsgegnerin hängt entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis der Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen vorgenommen hat. Dies setzt eine umfangreiche Prüfung der technischen Möglichkeiten zur Sperrung ähnlicher Fälle voraus. Insbesondere ist zu fragen, inwieweit tatsächlich effektive Möglichkeiten der Vorbeugung, Verhinderung und nachträglichen Beseitigung inklusive Verhinderung einer Wiederholung der Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material bei „Rapidshare” bestehen.

Eine Sperrung bestimmter Dateinamen erscheint ungeeignet. Denn Dateinamen sind jederzeit veränderbar. Aus diesem Grund scheidet auch eine Sperrung aller Dateinamen, die bestimmte Begriffe enthalten, aus. Im Übrigen sind die Nutzer selbst nicht auf den Dateinamen zum Auffinden der gesuchten Datei angewiesen, da sie die Datei über einen externen Link abrufen, welcher auf einer anderen Internetseite mit dem entsprechenden Begriff versehen und dadurch auffindbar ist.

Die Forderung nach einer menschlichen, gezielten Überprüfung von Inhalten, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Rechtverletzungen besteht, lässt sich wegen des damit verbundenen Personalaufwands in der Praxis regelmäßig nicht realisieren. Sie führt lediglich dazu, dass die zu prüfenden Dateien oder Nutzerkonten ohne menschliche Überprüfung automatisiert gelöscht werden.


zu 3:
Wie das OLG Köln (Urteil vom 21.09.2007, Az. 6 U 86/07) zu Recht feststellt, sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich (anderer Ansicht ohne nähere Begründung OLG Hamburg, Urteil vom 02.07.2008, Az. 5 U 73/07, GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009, Az. 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155 mit der Redeweise von dem „von der Rechtsordnung nicht gebilligtem Geschäftsmodell”, da ihm die Gefahr innewohne, für eine (massenhafte) Begehung von Urheberrechtsverletzungen genutzt zu werden). In der Literatur wird daher nahezu einhellig betont, daß die Dienste der Antragsgegnerin in weiten Teilen legal sind und es sich insofern um ein von der Rechtsordnung durchaus gebilligtes Geschäftsmodell handelt (so etwa Rössel, ITRB 2008, 6, 7; Raitz von Frentz/Masch, ZUM 2007, 930, 931; Klinger, jurisPR-ITR 3/2008 Anm. 4; Breyer, MMR 2009, 14) Denn hierbei kommt der Schutz eines für sich betrachtet neutralen Angebots zum Tragen. Auch wenn die Weitergabe von Informationen zwangsläufig die abstrakte Möglichkeit von Urheberrechtsverletzungen enthält, so ist nicht festgestellt, zu welchem konkreten Anteil die Nutzung von Speicherdiensten illegal erfolgt.