Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sorgt derzeit für viele Unsicherheiten und Missverständnisse. Unser Webinar vom 11. Juni 2024 hat gezeigt, dass weiterhin ein erheblicher Informationsbedarf besteht und das Thema zunehmend in den Fokus von Unternehmen rückt. Aus diesem Grund werden wir in naher Zukunft gemeinsam mit Partner-Agenturen sowie eigenständig weitere Webinare anbieten.
Um Ihnen einen umfassenden Überblick über die bevorstehenden Änderungen zu bieten und Sie auf dem Weg zur Umsetzung des Gesetzes zu unterstützen, haben wir beschlossen, eine Blogreihe zu starten. Diese wird verschiedene Aspekte des BFSG und der dazugehörigen Barrierefreiheitsstärkungsverordnung (BFSGV) beleuchten.
Die Richtlinie (EU) 2019/882, bekannt als European Accessibility Act wird in Deutschland hauptsächlich durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und die Barrierefreiheitsstärkungsverordnung umgesetzt. Für Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ermöglichen, wird die Richtlinie im Medienstaatsvertrag umgesetzt.
Der Anwendungsbereich des BFSG ist in § 1 BFSG geregelt und bezieht sich auf Produkte und Dienstleistungen, die als relevant für Menschen mit Behinderung eingestuft werden.
Produkte, die barrierefrei gestaltet werden müssen:
Dienstleistungen, die barrierefrei gestaltet werden müssen:
Der wohl breiteste Anwendungsbereich des BFSG und des BFSGV dürften die „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ darstellen.
Laut § 2 Nr. 26 BFSG handelt es sich bei „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ um Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden.
Kern der Definition, die sich an der EU Richtlinie orientiert ist das Erbringen einer „Ferndienstleistung“, bei der eine Dienstleistung erbracht wird, ohne dass beide Parteien gleichzeitig anwesend sind. Zudem ist eine „elektronische Erbringung“, also die „elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektronmagnetischem Weg gesendet, weitergeleitet und empfangen wird.
Vereinfacht gesagt liegt eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr immer dann vor, wenn der Vertragsschluss wie die Buchung bzw. der Kauf online erfolgt.
Somit sind z.B. auch verbindliche Terminbuchungsformulare von den Regeln erfasst.
Wichtiger Hinweis: Bei wesensverändernden Anpassungen oder unverhältnismäßiger Belastung muss dies gegenüber der zuständigen Behörde erklärt, begründet und regelmäßig kontrolliert werden.
Haben Sie mehr als 10 Mitarbeiter oder mehr als 2 Millionen € Jahresumsatz / Billanzsumme? Falls ja ist die Chance sehr hoch, dass Sie die Vorgaben einhalten müssen.
Dies gilt vor allem dann, wenn Sie keine reine Präsenzseite haben oder sich die Website ausschließlich an Unternehmenskunden wendet.
Erfüllen Sie diese Kriterien, dann können Sie nur dann (teilweise) dem BFSG „entkommen“, wenn Sie eine unverhältnismäßige Belastung oder wesensverändernde Anpassungen vornehmen möchten. In diesen Fällen müssen Sie diese ordnungsgemäß dokumentieren, für 5 Jahre aufheben, die Behörde(n) informieren, in deren Bereich Sie die Dienstleistung anbieten und die getroffene Entscheidung alle 5 Jahre überprüfen.
Ansonsten müssen Sie zwingend für die Elemente ihrer Website, die mit ihrer Dienstleistung zusammenhängen eine Barrierefreiheit herstellen.
Wichtig ist, dass die Website die 4 Kriterien der WCAG, nämlich „wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust“ aufweist. Hierbei müssen zwingend die Kriterien der Stufe A und AA der WCAG 2.2 Kriterien eingehalten werden. Die höchste Stufe einzuhalten ist zwar gut, aber nicht zwingend rechtlich vorgeschrieben.
Dies bedeutet, dass man 55 von 86 Kriterien rechtlich zwingend einhalten muss.
Die einzelnen Kriterien sind unterschiedlich komplex in der Umsetzung, sollten einen aber nicht erschrecken. Hier gilt: Erst einmal keine Panik!
Was die WCAG 2.2 Kriterien sind, was diese bedeuten und wie man diese selbst prüfen kann erfahren Sie in unserem nächsten Blogbeitrag oder melden Sie sich zu einem unserer nächsten Webinare an.