Als Fachanwalt für IT-Recht kann man den eigenen Mandanten eigentlich nur raten, mit IT-Sachen einen weiten Bogen um die Gerichte zu machen. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Richter zu treffen, der die oftmals sehr technischen Sachverhalte versteht, ist sehr sehr gering.
Mir ist es sogar schon einmal passiert, dass mir eine Richterin in einer Verhandlungspause nach ca. 2 Stunden - als die gegnerische Partei samt Anwalt den Gerichtssaal verlassen hatte - offen gesagt hat: "Herr Dury, unter uns gesprochen, ich verstehe überhaupt nicht um was es hier geht. Was soll den "Java Script" sein?".
Wenn man den Tenor der Entscheidung isoliert betrachtet, scheint sich ein ähnlicher Fall nun vor dem Landgericht Frankfurt zugetragen zu haben, denn das Gericht hat am 18.02.2014 entschieden, dass selbst der Einsatz des Web-Tracking Tools "PIWIK", das auf dem eigenen Web-Server installiert wird und bei dem alle Anonymisierungsfunktionen eingeschaltet sind, nicht rechtskonform ist, wenn die Benutzer auf das anonyme Tracking nicht vorab zwangsläufig hingewiesen werden (LG-Frankfurt am Main, Urteil vom 18.02.2014, Az 3-10 O 86-12).
Dass sich das Gericht die Entscheidung nicht leicht gemacht hat sieht man daran, dass es sich um eine Entscheidung im Eilverfahren handelt, bei der die mündliche Verhandlung bereits am 27.07.2012 stattgefunden hat (!!!). Es erscheint schon widersinnig, einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach ca. 1,5 Jahren stattzugeben.
Leider hat das Gericht versäumt, klarzustellen, wie ein rechtskonformer Hinweis aussehen kann, der von den Nutzern "zwangsläufig wahrgenommen" wird. Es steht zu vermuten, dass dem Gericht aber ein Link mit der Bezeichnung "Datenschutz" bzw. "Datenschutzerklärung" genügen lassen würde, wenn der Link auf jeder Seite der Internetpräsenz angebracht ist.
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Ein Internetseitenanbieter wurde im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen diverser angeblicher Rechtsverletzungen von einem Konkurrenten auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Unter anderem wurde von der Verfügungsklägerin bemängelt, die Verfügungsbeklagte nutze PIWIK als Website-Tracking Tool, in nicht datenschutzkonformer Weise. Hierdurch läge ein Wettbewerbsverstoß vor:
Das Landgericht Frankfurt wies einen Großteil der Anträge wegen fehlender Dringlichkeit ab, entschied jedoch mit Urteil vom 18.02.2014, bzgl. des Einsatzes von PIWIK, wie folgt:
Nach dem OLG -Hamburg (Urteil vom 27.06.2013) schließt sich nun auch das LG Frankfurt am Main der Ansicht an, dass Verstöße gegen § 15 TMG als abmahnfähige Wettbewerbsverletzungen einzuordnen sind. Entscheidend war im vorliegenden Fall wohl, dass die PIWIK-Datenschutzhinweise angeblich nicht ordnungsgemäß verlinkt waren.
Liest man den Tenor der Entscheidung des Landgericht Frankfurt am Main isoliert, ohne die weitergehende Begründung, kann man den Eindruck gewinnen, dass LG Frankfurt am Main würde es für alle Webseitenbetreiber als verpflichtend ansehen, beim Öffnen der Website mittels eines Pop-Ups eine Einwilligung bzgl. eines anonymen Website-Tracking einzuholen bzw. per Pop-Up oder Vermerk auf der Startseite, auf den Einsatz eines anonymisierenden Tracking Tools hinzuweisen.
Da dies wohl kaum ein Seitenbetreiber zur Zeit so macht, wären - wenn man dies so sehen würde - wohl 99,9% aller Websites abmahnfähig. Auch die Landesdatenschutzbeauftragten gehen aber nicht so weit, eine vorherige Einwilligung der Website-Nutzer einzuholen, sondern hält es für ausreichend, die Anonymisierungsfunktionen von PIWIK und Google-Analytics einzusetzen (vgl. Stellungnahmen des ULD zu PIWIK und zu Google-Analytics und hierauf im Rahmen einer auf jeder Seite verlinkten Datenschutzerklärung darauf hinzuweisen.
Beim Einsatz von Google-Analytics müssen über die Einschaltung der Anonymisierungsfunktionen hinaus noch weitere Maßnahmen ergriffen werden.
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des LG Frankfurt am Main kann man daher nur jedem Seitenbetreiber raten, die Datenschutzerklärung gesondert zu verlinken und nicht im "Impressum" oder unter "Kontakt" bereit zu halten.
Dass das Gericht davon ausgeht, es sei notwendig, dass die Nutzuer bei der Nutzung "zwangsläufig" mit der Datenschutzerklärung in Berührung kommen müssen (vgl. Seite 13 des Urteils) erscheint überzogen.
Den Volltext der Entscheidung des LG-Frankfurt am Main (Urteil vom 18.02.2014, Az 3-10 O 86-12) können Sie hier abrufen:
LG Frankfurt: Nutzung von anonymisierenden Website Tracking Tools ohne vorherigen zwangsläufigen Hinweis der Nutzer ist rechtswidrig und kann von Wettbewerbern abgemahnt werden (LG-Frankfurt am Main, Urteil vom 27.02.2014, Az 3-10 O 86-12)LG Frankfurt: Nutzung von anonymisierenden Website Tracking Tools ohne vorherigen zwangsläufigen Hinweis der Nutzer ist rechtswidrig und kann von Wettbewerbern abgemahnt werden (LG-Frankfurt am Main, Urteil vom 27.02.2014, Az 3-10 O 86-12)