Die Klarnamenpflicht bei Kununu-Bewertungen: OLG Hamburg stärkt Arbeitgeberrechte

feedbackArbeitgeber sind in Zeiten des Fachkräftemangels zunehmend darauf bedacht, ein positives Bild auf Bewertungsplattformen wie Kununu zu bewahren. Negative Bewertungen können jedoch Zweifel an ihrer Echtheit aufwerfen. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens mit Beschluss vom 09.02.2024 (Az. 7 W 11/24) entschieden, dass Arbeitgeber bei berechtigten Zweifeln das Recht haben, den Klarnamen des Bewerters von der Bewertungsplattform zu erfahren oder die Bewertung löschen zu lassen. Eine Verpflichtung der Bewertungsplattform zur Preisgabe der Identität der bewertenden Person besteht also nur mittelbar, falls die Bewerungsplattform die Bewertung nicht löschen möchte.

Die Verfügungsbeklagte Bewertungsplattform "KUNUNU" hat bereits darauf hingewiesen, dass sie gegen die Entscheidung vorgehen werde, indem sie Klage im Hauptsacheverfahren einfordern werde.  

Hintergrund: Beweispflicht und Klarnamen bei Kununu

In einem konkreten Fall zweifelte eine Arbeitgeberin die Echtheit negativer Bewertungen auf Kununu an und forderte deren Löschung. Kununu verlangte jedoch einen Nachweis für eine Rechtsverletzung, den die Arbeitgeberin nicht erbrachte. Das Landgericht (LG) Hamburg sah als Vorinstanz in den anonymisierten Nachweisen ausreichende Belege für die Echtheit der Bewertung und wies den Antrag auf Löschung zurück.

Entscheidung des OLG Hamburg: Anonymität kann aufgehoben werden

Das OLG Hamburg hob die Entscheidung des LG Hamburg auf und stellte fest, dass bei Zweifeln an der Echtheit einer Bewertung die Anonymität aufgehoben werden kann. Im Zweifelsfall muss die Bewertung zusätzlich dauerhaft gelöscht werden. Das Gericht betonte, dass Arbeitgeber nicht schutzlos schlechten Bewertungen ausgesetzt sein sollen. Bei negativen Bewertungen muss es für Unternehmen möglich sein, nachzuvollziehen, ob die bewertende Person tatsächlich geschäftlichen Kontakt hatte. Das OLG lehnte die Argumentation von Kununu, die auf einem Recht zur Verweigungerung der Offenlegung aus Datenschutzgründen beruhte ab und betonte die Bedeutung einer umfassenden Information des Arbeitgebers, damit dieser befähigt werden, die Rechtmäßigkeit von Bewertungen zu überprüfen.

Kein Missbrauch: Auch mehrere Beanstandungen sind plausibel

Das OLG Hamburg sah es zudem nicht als rechtsmissbräuchlich an, wenn Arbeitgeber mehrere Bewertungen gleichzeitig als unecht beanstanden. Es sei plausibel, dass auf Bewertungsseiten mehrere ungerechtfertigte Bewertungen auftauchen können. Auch die Vertretung durch eine spezialisierte Kanzlei wurde nicht als Missbrauch betrachtet.

Fazit: Arbeitgeberrechte gestärkt, Nutzer in der Verantwortung

Diese Entscheidung des OLG Hamburg stärkt die Rechte von Unternehmen im Umgang mit negativen Bewertungen auf Plattformen wie Kununu. Gleichwohl handelt es sich um eine Entscheidung in der Berufungsinstanz eines Eilverfahrens, indem "nur" darüber entschieden wurde, ob eine einstweilige Verfügung aufgehoben wird oder Bestand hat. Eine endgültige Entscheidung kann nur in einem sich nun anschließenden Hauptsacheverfahren erfolgen. Man muss angesichts der Bedrohung des Geschäftsmodells von Bewertungsplattformen wie Kununu davon ausgehen, dass Kununu - wenn das Hauptsacheverfahren nicht im Sinne der Bewertungsplattform entschieden wird - den Gang zum BGH gehen wird, und der BGH hierzu das letzte Wort sprechen wird. Sollte der BGH die Rechtsprechung des OLG Hamburg bestätigen, werden sich zukünftig viele Arbeitnehmer überlegen, ob sie eine Bewertung ihres (ehemaligen) Arbeitgebers schreiben, wenn damit die latente Gefahr verbunden ist, ins rechtliche Kreuzfeuer zu geraten.

Klar ist aber auch, dass Kununu sich zumindest in dem konkreten Fall besser an die Entscheidung des OLG Hamburg halten sollte, um die Verhängung von Ordnungsmitteln zu vermeiden. 

So oder so sollten Nutzer sich bewusst sein, dass unwahre Angaben auf solchen Bewerrungsplattformen wie Kununu Konsequenzen haben können, insbesondere wenn der ehemalige Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der Echtheit äußert.

 Autor: Diplomjurist Benjamin Schmidt - Leiter Team Onlinerecht

Bildquelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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Benjamin Schmidt
Benjamin Schmidt
Counsel - Dipl. Jur. - Externer Datenschutzbeauftragter (TÜV)
Herr Schmidt gehört der DURY GRUPPE bereits seit Juni 2015 an und ist seit Januar 2016 Mitarbeiter bei DURY LEGAL. Neben seiner juristischen Ausbildung ist Herr Schmidt auch zertifizierter externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). In dieser Funktion betreut er unsere Mandanten im Bereich E-Commerce, Datenschutz und IT-Recht.