Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) hat weitreichende Änderungen erfahren, die zum 01.01.2022 in Kraft treten. Die Neuerungen treffen neben den Herstellern von Elektro- und Elektronikgeräten vor allem deren Vertreiber. Eine erweiterte Rücknahmepflicht für Vertreiber soll die Sammelmenge alter Elektrogeräte steigern. Für Online-Shops bedeutet das teilweise die Pflicht zur unentgeltlichen Abholung von Altgeräten.
Ziel des ElektroG ist die Schonung der natürlichen Ressourcen und Vermeidung von Umweltverschmutzungen durch die Wiederverwertung und umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten. Aufgrund der stagnierenden Sammelquote an Altgeräten sah der Gesetzgeber Anpassungsbedarf. Die Gesetzesänderung soll u.a. das Sammel- und Rücknahmenetz erweitern und die Rückgabe erleichtern.
Die Rücknahmepflicht für Altgeräte erfasst gemäß § 17 Absatz 2 ElektroG n.F. in Zukunft eine deutlich größere Zahl an Online-Händlern. Betroffen waren bisher nur Vertreiber im Bereich des Fernabsatzes – d.h. insbesondere Online-Shops – mit einer Lager- und Versandfläche nur für Elektrogeräte von mindestens 400 qm. Ab dem 01.01.2022 trifft die Rücknahmepflicht auch Online-Shops, die ähnlich einem Lebensmitteleinzelhändler Lebensmittel vertreiben und ab einer Gesamtlager- und Versandfläche von 800 qm besitzen, wenn diese mehrmals im Kalenderjahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte anbieten.
Solche Online-Shops sind unter Umständen dazu verpflichtet, Altgeräte ihrer Kunden unentgeltlich abzuholen: Beim Verkauf neuer Elektrogeräte bestimmter Kategorien müssen Online-Händler ihren Kunden die Möglichkeit eröffnen, ein Altgerät der gleichen Geräteart, das im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie das neue Gerät erfüllt, kostenfrei abholen zu lassen.
Abholpflichtig sind für Online-Shops unter diesen Voraussetzungen gemäß § 17 Absatz 2 Satz 2 ElektroG n.F. Elektrogeräte der Kategorien 1, 2 und 4 (siehe Anlage 1 zu § 2 Absatz 1 ElektroG), d.h. Wärmeüberträger (z.B. Kühlschränke, Klimageräte, Warmwasserspeicher), Bildschirme und Monitore, bzw. Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimeter enthalten sowie Großgeräte (z.B. Waschmaschinen, Kopiergeräte, Elektroherde). Händler im Fernabsatz könnten ihre Abholpflicht beispielsweise dadurch erfüllen, dass sie dem Kunden anbieten, bei der Auslieferung einer neuen Waschmaschine die alte Waschmaschine kostenlos durch die ausliefernde Spedition mitnehmen zu lassen.
Elektrogeräte der Kategorien 3, 5 und 6, d.h. Lampen, Kleingeräte (z.B. Staubsauger, Wasserkocher, Druckerpatronen, Kabel) sowie Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine äußere Abmessung mehr als 50 cm beträgt, fallen gemäß § 17 Absatz 2 Satz 4 ElektroG n.F. nicht unter die Abholpflicht.
Beim Kauf neuer Geräte dieser Kategorien müssen Online-Händler für Altgeräte, die der gleichen Geräteart angehören, stattdessen geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum Endnutzer gewährleisten. Um dieser Pflicht nachzukommen, werden Online-Händler Kooperationen mit dem stationären Handel eingehen, sich Entsorgungssystemen anschließen oder Rücksendemöglichkeiten einrichten müssen. In jedem Fall muss die Rücknahme unentgeltlich erfolgen. Eine Abgabemöglichkeit bei einer Sammel- oder Übergabestelle der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (also viele Recyclinghöfe bzw. Wertstoffhöfe) ist hierfür nicht ausreichend (vgl. § 17 Abs. 4 S. 2 ElektroG n.F.).
Unabhängig vom Kauf neuer Elektrogeräte sind Online-Händler zudem verpflichtet, auf Verlangen des Endnutzers kleine Altgeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, unentgeltlich zurückzunehmen. Für solche Geräte müssen Online-Händler wiederum – wie auch bei den oben genannten Geräten der Kategorien 3,5 und 6 – geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum Endnutzer schaffen. Bis zu 3 Altgeräte pro Geräteart darf der Endnutzer auf diese Weise zurückgeben.
Im Bereich des stationären Einzelhandels galt die Rücknahmepflicht für alte Elektrogeräte bisher nur für Vertreiber mit einer Verkaufsfläche nur für Elektrogeräte, die größer als 400 qm ist. Supermärkte bzw. insbesondere auch Discounter besitzen typischerweise keine Fläche dieser Größe, auf der sie ausschließlich Elektrogeräte verkaufen. Bislang berührten die Rücknahmepflichten für Altgeräte Supermärkte und Discounter deshalb regelmäßig nicht.
Infolge der Novelle des Elektrogesetzes gelten die Rücknahmepflichten jedoch gemäß § 17 Absatz 1 ElektroG n.F. auch für Vertreiber von Lebensmitteln mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 qm, die mehrmals im Kalenderjahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte anbieten und auf dem Markt bereitstellen. Das betrifft auch die meisten Discounter, deren Verkaufsfläche im Schnitt knapp über dieser Grenze liegt.
Betroffene Supermärkte, die Elektrogeräte an private Haushalte ausliefern, sind ähnlich den Online-Shops neben der Rücknahme im Geschäft auch zur unentgeltlichen Abholung des entsprechenden Altgerätes beim Endnutzer verpflichtet. Unabhängig vom Kauf neuer Elektrogeräte müssen auch sie bis zu 3 kleine Altgeräte pro Geräteart, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, unentgeltlich im Einzelhandelsgeschäft oder in dessen unmittelbarer Nähe zurücknehmen.
Das geänderte Elektrogesetz erlegt stationären Vertreibern von Elektrogeräten und Vertreibern im Fernabsatz darüber hinaus neue Pflichten zur Information der Verbraucher im Falle der Auslieferung des neuen Gerätes auf.
Beim Abschluss des Kaufvertrages für das neue Elektro- oder Elektronikgerät hat der Vertreiber den Endnutzer gemäß § 17 Absatz 1 Satz 3 ElektroG n.F. über die Möglichkeit zur unentgeltlichen Rückgabe des Altgerätes im Geschäft und zur unentgeltlichen Abholung beim Endnutzer zu informieren.
Der Vertreiber muss den Endnutzer beim Abschluss des Kaufvertrages außerdem nach seiner Absicht befragen, bei der Auslieferung des neuen Gerätes ein Altgerät zurückzugeben.
Aus der geänderten Rechtslage ergeben sich zahlreiche neue Pflichten beim Verkauf von Elektrogeräten. Rücknahmen von Altgeräten werden für Vertreiber aufwändiger und kostspieliger. Insbesondere müssen Händler bei Abschluss der Kaufverträge, bei Online-Shops also im Bestellprozess, z.B. per Checkbox abfragen, ob der Kunde ein Altgerät zurückgeben will.
Verstöße gegen die Pflichten des Elektrogesetzes können Ordnungswidrigkeitenverfahren nach sich ziehen und in einigen Fällen mit Bußgeldern bis zu 100 000 Euro geahndet werden.
Daneben können Mitbewerber oder Wettbewerbsvereine Verstöße wettbewerbsrechtlich abmahnen, wobei erhebliche Kosten entstehen können.
Betroffene Online-Händler sollten daher die für die tatsächliche Rücknahme der rücknahmepflichtigen Altgeräte Sorge tragen und zum 01.01.2022 aktualisierte Informationstexte im Online-Shop bereitstellen.
Co-Autor: Wissenschaftliche Mitarbeiterin - Stud. jur. Caroline Weis
Bildquelle: Bild von Luiz Jorge de Miranda Neto- Luiz Jorge Artista auf Pixabay