Bisher konnten Plattformbetreiber für die Inhalte, die ihre Nutzer auf der Plattform veröffentlichen nur als Störer in Verfahren gegen Urheberrechtsverletzung belangt werden.
Mit seinen Urteilen vom 02.06.2022 (Az. I ZR 140/15, I ZR 53/17, I ZR 54/17, I ZR 55/17, I ZR 56/17, I ZR 57/17 und I ZR 135/18) ändert der BGH seine Rechtsprechung. Auf Basis der Urteile ist auch die rechtliche Verfolgung von Plattformbetreibern als aktive Täter denkbar, soweit diese nicht bestimmte Maßnahmen ergreifen.
Bereits 2008 klagte ein deutscher Musikproduzent gegen Youtube, die Tochtergesellschaft von Google, um Schadensersetz wegen des wiederholten Uploads von Musik geltend zu machen. Bei der betroffenen Musik handelt es sich um Songs einer bei dem Musikproduzenten unter Vertrag stehenden Musikerin. Nach etlichen Verfahren und einer Vorabentscheidung durch den EuGH am 21. Juni 2021 (Pressemitteilung Nr. 108/21) enschtied der BGH nun, dass auch Plattformbetreiber für urheberrechtliche Verletzungen auf ihrer Plattform als Störer verantwortlich gemacht werden können.
Im Prozess gegen den Sharehosting-Dienst „uploaded“ ging es vor allem um die Frage, ob das Anbieten einer Prämie für vermehrte Downloads einer Datei ein „Befürworten“ des Plattformbetreibers für den Upload von urheberrechtlich geschütztem Material darstellt. Aufgrund des Geschäftsmodells geht der BGH davon aus, dass dem Plattformbetreiber klar sein musste, dass sein Geschäftsmodell auch bzw. gerade wegen des finanziellen Anreizes zum Missbrauch von urheberrechtlich geschütztem Material führen wird. Die finanzielle Anregung zum Urheberrechtsmissbrauch sorgt dafür, dass der Plattformbetreiber ebenfalls als Störer gelten kann.
Dies ist dann der Fall, wenn folgende Kriterien vorliegen:
Die Frage ist, wie das Unternehmen die oben skizzierten Pflichten erfüllen kann.
Es stellt sich vor dem Hintergrund der seit August 2021 geänderten Rechtslage über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Dienstanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (UrhDaG) die Frage, wie die Urteile zu bewerten sind.
Das UrhDaG soll die in den Urteilen behandelte Problematik lösen und macht konkrete Angaben darüber, ab wann eine öffentliche Wiedergabe und somit eine Verantwortlichkeit des Dienstanbieters gegeben ist (§ 1 UrhDaG).
Im YouTube-Prozess zumindest stützt sich Youtube in der Berufung auf die Definitionen des UrhDaG und vertritt die Auffassung, dass die von Ihnen getroffenen Maßnahmen rechtmäßig gewesen sind.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Bundesgerichtshof mit dem Urteil dem Plattformbetreiber eine erheblich höhere Handlungspflicht zuweist. Diese darf jedoch nicht außerhalb aller Verhältnismäßigkeit liegen. Maßnahmen wie das Einbauen eines Absue-Formulars oder von Filtern zählen heute bereits zu den gängigen Praktiken für Betreiber.
Plattformbetreiber, die sich darüber hinaus aufmerksam und kooperativ zeigen, Verstöße unverzüglich prüfen, sperren oder löschen, tragen grundsätzlich ein niedrigeres Risiko als Unternehmen, die die in diesem Beitrag genannten Kriterien nicht erfüllen.
Co-Autor: Wissenschaftliche Mitarbeterin – Stud. jur. Lea Fröhlich
Bildquelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay