Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 06.03.2017 die Urteilsgründe zu seinem BGH-Urteil vom 6. Oktober 2016 (Az. I ZR 154/15 - Afterlife) veröffentlicht. Demnach kann ein wegen angeblichen Urheberrechtsverletzung Abgemahnter nicht verpflichtet werden, den Computer seiner Familienmitglieder auf möglicherweise vorhandene P2P-Software zu durchsuchen.
Durch diese Entscheidung hat das Geschäftsmodell "Filesharing-Abmahnung" einen weiteren erheblichen Dämpfer erhalten. Auch die Gerichte in München, der Heimat der wohl führenden Filesharing-Abmahnkanzlei Waldorf-Frommer, werden sich diesem Urteil beugen müssen.
Der BGH hat mit dem Urteil festgestellt, dass die Abmahner die Beweislast dafür tragen, dass der abgemahnte Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung höchstpersönlich begangen hat. Der Aschlussinhaber ist nicht verpflichtet, die Computer von Familienangehörigen zu durchsuchen. Auch ist der Anschlussinhaber nicht verpflichtet die Dauer und das Nutzungsverhalten der anderen Familienmitglieder zu überwachen und zu protokollieren. Die von einigen verblendeden Amts- und Landgerichten in der Vergangenheit geforderte "Familien-Stasi" dürfte sich damit erledigt haben.
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Die Kanzlei Waldorf-Frommer hatte im Namen der Constantin Film gegen den Inhaber eines Internetanschlusses geklagt, der angeblich den Film "Resident Evil: Afterlife 3D" im Jahr 2010 in einer Internet-P2P-Tauschbörse illegal zum Download angeboten haben soll. Die Kanzlei mahnte den Anschlussinhaber darauf hin mittels einer sogenannten Filesharing-Abmahnung ab und forderte ihn darin auf, es zu unterlassen, den Film "Resident Evil: Afterlife 3D" im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Zudem wurden die im Rahmen solcher Filesharing-Abmahnungen üblichen Kostenerstattungs- und Schadensersatzansprüche aufgerufen.
Der Abgemahnte sollte 506 Euro an Anwaltskosten und 600 Euro Schadensersatz zahlen, mithin insgesamt 1106 Euro überweisen. Zudem wurde er aufgefordert eine sog. strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Der Abgemahnte reagierte aber lediglich mit einer modifizierten Unterlassungserklärung (nach neuem Hamburger Brauch) und zahlte keinen Cent. Er folgte damit genau der von uns auch seit mehr als 7 Jahren empfohlenen Verteidigungsstrategie.
Daraufhin reichte die Kanzlei Waldorf-Frommer hatte beim Amtsgericht Braunschweig im Namen der Constantin Film eine Filesharing-Klage ein.
Es besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist.
bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt
der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat [wer noch als Rechtsverletzer über den Internetanschluss in Frage kommen könnte]
Anschlussinhaber[ trifft] insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast.
"nicht Sache des Beklagten, die gegen ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung für die Haftung sprechenden Umstände zu beweisen".
Der Anschlussinhaber kann, wenn er seiner sekundären Darlegungslast genüge tut und die Mitbenutzer namentlich nennt, nicht als Täter oder sog. Störer erfolgreich in die Haftung genommen werden.