Im Bereich Filesharing Abmahnungen gibt es mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das am 08.10.2013 im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten ist, einige wichtige Änderungen. Zudem hat sich die aktuelle Rechtsprechung positiv im Sinne der Abgemahnten entwickelt.
Erfahren Sie hier welche Neuerungen das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken bei Filesharing Abmahnungen mit sich bringt und lesen Sie mehr zur aktuellen Rechtsprechung bei Filesharing Abmahnungen.
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Der erste Entwurf des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken wurde im März 2013 von der Bundesregierung beschlossen. Es durchlief zunächst diverse Ausschüsse und wurde letztlich in der Ausschussfassung vom Bundestag am 27. Juni 2013 angenommen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken am 20. September 2013 zu. Das Gesetz tritt nach seiner Verkündung, die am 08.10.2013 erfolgte, zum 09.10.2013 in Kraft. Davon ausgenommen sind die Artikel 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 sowie Artikel 3, die zum 01.11.2014 in Kraft treten werden und das Rechtsdienstleistungsgesetz und die Bundesrechtsanwaltsordnung betreffen.
Erklärte Zielsetzung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist unter anderem auch die Eindämmung des Abmahnwesens. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist hierzu zu lesen:
Problem und Ziel
Unseriöse Geschäftspraktiken in den Bereichen Inkassowesen, Telefonwerbung und Abmahnwesen sind immer wieder Gegenstand von Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger.
Diesen Praktiken ist gemeinsam, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, obwohl sie selbst entweder keine oder nur vergleichsweise geringfügige Rechtsverstöße begehen, erhebliche Verluste finanzieller oder immaterieller Art hinnehmen müssen oder zumindest der Gefahr solcher Verluste ausgesetzt sind. Dies hat das Rechtsempfinden einiger Bürgerinnen und Bürger erheblich gestört. Die vorgeschlagenen Regeln zielen auf die Eindämmung unseriöser Praktiken in den genannten Bereichen, ohne die berechtigten Belange seriöser Gewerbetreibender zu beeinträchtigen.
Im Fokus standen hierbei Massenabmahnungen bei Filesharing-Fällen.
Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken sieht zur Umsetzung der beschriebenen Zielsetzung (Eindämmung des Abmahnwesens im Privatbereich) zwei zentrale Änderungen im Urhebergesetz vor:
§ 97a UrhG
(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
(2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise
1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam.
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte
1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
§ 97a UrhG wurde in Absatz 3 um eine Begrenzung des Gegenstandswertes auf 1.000 € ergänzt. Demnach kann in Fällen, in denen eine natürliche Person eine Urheberrechtsverletzung begangen haben soll, die nicht gewerblichen Zwecken dient, kein höherer Streitwert angesetzt werden. Dadurch werden die Anwaltskosten, die dem Abgemahnten in Rechnung gestellt werden können, entsprechend begrenzt.
In der Praxis hat sich diese Begrenzung bislang leider noch nicht bewährt (s. unser Blogbeitrag vom 18.10.2013). Insbesondere die offene Ausnahmeformulierung "nach den besonderen Umständen des Einzelfalles" dürfte künftig bei Abmahnungen im Filesharing Bereich vermehrt in Anspruch genommen werden. Inwieweit dies von den Gerichten mitgetragen wird bleibt vorerst abzuwarten.
Eine weitere wesentliche Änderung betrifft den sogenannten „fliegenden“ Gerichtsstand. Dieser wird in den von § 104a UrhG umfassten Fällen abgeschafft. Bislang konnten in Urheberrechtsstreitsachen alle Gerichte angerufen werden, da über die Begehung der Urheberrechtsverletzung im Internet alle Gerichte bundesweit tangiert waren. Künftig sind ausschließlich die Gerichte zuständig, in dessen Zuständigkeitsgebiet (Bezirk) der Abgemahnte seinen Wohnsitz hat. Maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt der Klageerhebung.
§ 104a
(1) Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.(2) § 105 bleibt unberührt.
Die aktuelle Rechtsprechung im Bereich Filesharing Abmahnungen fällt tendenziell positiv zugunsten der Abgemahnten aus. So hat etwa das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 24.07.2013 entschieden, dass der Streitwert bei Urheberrechtsverstößen im privaten Bereich regelmäßig bei 1.000 € liegt. Dem folgt eine entsprechende Begrenzung der daran zu bemessenen Anwaltskosten.
Unserer Übersicht können Sie einige der wichtigsten Entscheidungen aus dem Bereich Filesharing Abmahnungen entnehmen. Die Entscheidungen sind – soweit möglich – mit einer Volltext-Quelle verlinkt.
24.10.2012
Keine Haftung für Filesharing während des Mallorca-Urlaubs
07.09.2011
Datum |
Urteil |
Stichworte |
Inhalt |
24.07.2013 |
AG Hamburg, Beschluss vom 24.07.2013, Az.: 31a C 109/13 |
Begrenzung der Anwaltskosten |
Das AG Hamburg nimmt einen Streitwert in Höhe von1000 € bei Urheberrechtsverstößen im privaten Bereich an. |
29.05.2013 |
LG München, Beschluss vom 29.05.2013, Az.: 7 O 22293/12 |
Pornografische Filmwerke |
Bei pornografischen Filmwerken ist der Rechteinhaber oft zweifelhaft (Rechteketten müssen nachvollziehbar dargelegt werden). Mitunter geringe Schutzfähigkeit (je nach Gestaltung des Filmwerks). |
29.05.2013 |
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.05.2013, Az.: 2-06 S 8/12 |
Kein Schadensersatz trotz vorangegangener Abmahnung |
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anschlussinhaberin als (Mit-)Täterin verantwortlich ist, wenn sich „die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt“. |
14.05.2013 |
AG Frankfurt, Urteil vom 14.05.2013, Az.: 30 C 3078/12 |
Individuelle Standardpasswörter der Werkseinstellung |
13-stellige, individuelle Passwörter der Fritzbox genügen. |
22.03.2013 |
OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.03.2013, Az. 11 W 8/13
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Keine Haftung für Ehegatten |
Ein Ehemann kann seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen. Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar. |
22.03.2013 |
LG München, Urteil vom 22.03.2013, Az.: 21 S 28809/11
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Keine Störerhaftung ohne Endgeräte und W-LAN-Router |
Rentnerin besitzt keine internetfähigen Endgeräte und keinen W-LAN-Router. Daher auch keine Störerhaftung. |
14.03.2013 |
LG Köln, Urteil vom 14.03.2013, Az.: 14 O 320/12 |
Keine Haftung des Hauptmieters für Urheberrechtsverletzungen der Untermieter |
Hat ein Untermieter mittels eines Filesharing-Programms Dateien bereitgestellt, so haftet der nicht mehr in der Wohnung wohnende Hauptmieter für die Urheberrechtsverletzung nicht. Insbesondere treffen ihn keine Prüf- und Kontrollpflichten. |
15.11.2012 |
BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12
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Eltern haften nicht für minderjährige Kinder, wenn sie diese vorher belehrt haben |
Eltern haften nicht für illegales Filesharing eines 13-jährigen Kindes, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. |
24.10.2012 |
LG Köln, Urteil vom 24.10.2012, Az.: 28 O 391/11 |
Keine Haftung für Filesharing während des Mallorca-Urlaubs |
Die Geräte waren während des Urlaubaufenthaltes ausgeschaltet, Zeugen konnten dies nachweisen. |
16.05.2012 |
OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az.: 6 U 2397/11 |
Keine Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen von (erwachsenen) Mitbewohnern | Frage der Verantwortlichkeit von Internetanschlussinhabern für eine Verletzung von Urheberrechten durch Ehepartner bisher nicht höchstrichterlich geklärt. |
30.09.2011 | OLG Köln, Hinweis vom 30.09.2011, Az.: 6 U 67/11 | Grundlage für Bemessung des Schadenersatzes | Bei Schadensersatzforderungen ist regelmäßig der GEMA-Tarif VR-OD 5 für Downloadzugriffe von Musikstücken als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Soweit höhere Forderungen geltend gemacht werden, muss die BErechnungsgrundlage benannt werden. Ebenso sind Schätzungen zu den Downloadzahlen vom Computer des Beklagten anzugeben. |
26.09.2011 | OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.09.2011, Az.: 11 U 53/11 | Beweislast | Ein zum Tatzeitpunkt ausgeschalteter Computer begründet keine täterschaftliche Haftung (es kommt auf den Aktivierungszustand des Computers an). |
07.09.2011 |
OLG Köln, Beschluss vom 07.09.2011, Az.: 6 W 82/11 |
Fehlerhafte Ermittlung der IP-Adresse | Wenn nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Urheberrechtsverletzung unter der ermittelten IP-Adresse begangen wurde, liegen die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch i.S.d. § 101 Abs. 2 UrhG nicht vor. |
24.03.2011 |
OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, Az.: 6 W 42/11 |
Keine Vermutungsregel, nach der Anschlussinhaber auch Rechtsverletzer ist | Die Vermutung, dass der Anschlussinhaber auch Rechtsverletzer ist, kann bereits widerlegt sein wenn dargetan wird, dass der Ehegatte ebenfalls Nutzer des Internetanschlusses ist. |
10.02.2011 |
OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2011, Az.: 6 W 5/11 |
Bestreiten der IP-Adresse, fehlerhafte Zuordnung | Eingesetzte Ermittlungssoftware ist nicht immer zuverlässig. |
19.01.2011 |
Amtsgericht Elmshorn, Urteil vom 19.01.2011, Az.: 49 C 57/10 |
Streitwertfestlegung bei Abmahnung | Der in der Abmahnung genannte Streitwert darf keine abschreckende oder gar sanktionierende Wirkung haben. |
08.10.2010 |
LG Hamburg, Urteil vom 08.Oktober 2010, Az.: 308 O 710/09 |
Gericht reduziert Schadensersatzforderung | Schadensersatz für zwei Musikwerke deutlich reduziert. "Es ist darauf abzustellen, was zwei vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages als angemessene Gebühr für die Nutzung vereinbart hätten". |
10.08.2010 | LG München, Urteil vom 10.08.2010, Az.: 11 HK O 11365/10 | Massenhafte Versendung von Abmahnungen stellt einen Rechtsmissbrauch dar | Die Versendung von mehr als 1000 Abmahnungen pro Jahr ist rechtsmissbräuchlich. |
Falls auch Sie eine Abmahnung erhalten oder weitere Fragen zum Filesharing oder dem Urheberrecht im Allgemeinen haben, können Sie uns gerne telefonisch unter der Durchwahl 0681 94005430 oder via E-Mail an