Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Gesetz zur Änderung des UrheberrechtsDer Bundesrat hatte das Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes am 23. September gebilligt. Nun wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Gesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/28 vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke in nationales Recht.

Lesen Sie hier alle wichtigen Details zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes.

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Als "verwaist" werden Werke bezeichnet, deren Urheber nicht mehr ausfindig zu machen ist. Derartige Werke konnten bislang nur sehr eingeschränkt genutzt werden. Dies wird sich künftig ändern. So können Archive und Bibliotheken verwaiste Werke künftig einscannen bzw. digitalisieren und im Internet frei zugänglich anbieten. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.

§61 UrhG-neu / Verwaiste Werke
(1) Zulässig sind die Vervielfältigung und die öffentliche Zugänglichmachung verwaister Werke nach Maßgabe der Absätze 3 bis 5.
(2) Verwaiste Werke im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Werke und sonstige Schutzgegenstände in Büchern, Fachzeitschriften, Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Schriften,
2. Filmwerke sowie Bildträger und Bild- und Tonträger, auf denen Filmwerke aufgenommen sind, und
3. Tonträger aus Sammlungen (Bestandsinhalte) von öffentlich zugänglichen Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen, Archiven sowie von Einrichtungen im Bereich des Film- oder Tonerbes, wenn diese Bestandsinhalte bereits veröffentlicht worden sind, deren Rechtsinhaber auch durch eine sorgfältige Suche nicht festgestellt oder ausfindig gemacht werden konnte.
(3) Gibt es mehrere Rechtsinhaber eines Bestandsinhalts, kann dieser auch dann vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden, wenn selbst nach sorgfältiger Suche nicht alle Rechtsinhaber festgestellt oder ausfindig gemacht werden konnten, aber von den bekannten Rechtsinhaber die Erlaubnis zur Nutzung eingeholt worden ist.
(4) Bestandsinhalte, die nicht erschienen sind oder nicht gesendet wurden, dürfen durch die jeweilige in Absatz 2 genannte Institution genutzt werden, wenn die Bestandsinhalte von ihr bereits mit Erlaubnis des Rechtsinhabers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und sofern nach Treu und Glauben anzunehmen ist, dass der Rechtsinhaber in die Nutzung nach Absatz 1 einwilligen würde.
(5) Die Vervielfältigung und die öffentliche Zugänglichmachung durch die in Absatz 2 genannten Institutionen sind nur zulässig, wenn die Institutionen zur Erfüllung ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben handeln, insbesondere wenn sie Bestandsinhalte bewahren und restaurieren und den Zugang zu ihren Sammlungen eröffnen, sofern dies kulturellen und bildungspolitischen Zwecken dient. Die Institutionen dürfen für den Zugang zu den genutzten verwaisten Werken ein Entgelt verlangen, das die Kosten der Digitalisierung und der öffentlichen Zugänglichmachung deckt.

In § 61a UrhG-neu sind die Vorgaben zur durchzuführenden Suche nach dem Urheber und die zu beachten Dokumentationspflichten normiert.

§ 61a UrhG-neu / Sorgfältige Suche und Dokumentationspflichten
(1) Die sorgfältige Suche nach dem Rechtsinhaber gemäß § 61 Absatz 2 ist für jeden Bestandsinhalt und für in diesem enthaltene sonstige Schutzgegenstände durchzuführen; dabei sind mindestens die in der Anlage bestimmten Quellen zu konsultieren. Die sorgfältige Suche ist in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen, in dem das Werk zuerst veröffentlicht wurde. Wenn es Hinweise darauf gibt, dass relevante Informationen zu Rechtsinhabern in anderen Staaten gefunden werden können, sind auch verfügbare Informationsquellen in diesen anderen Staaten zu konsultieren. Die nutzende Institution darf mit der Durchführung der sorgfältigen Suche auch einen Dritten beauftragen.
(2) Bei Filmwerken sowie bei Bildträgern und Bild- und Tonträgern, auf denen Filmwerke aufgenommen sind, ist die sorgfältige Suche in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen, in dem der Hersteller seine Hauptniederlassung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(3) Für die in § 61 Absatz 4 genannten Bestandsinhalte ist eine sorgfältige Suche in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen, in dem die Institution ihren Sitz hat, die den Bestandsinhalt mit Erlaubnis des Rechtsinhabers ausgestellt oder verliehen hat.
(4) Die nutzende Institution dokumentiert ihre sorgfältige Suche und leitet die folgenden Informationen dem Deutschen Patent- und Markenamt zu:
1. die genaue Bezeichnung des Bestandsinhalts, der nach den Ergebnissen der sorgfältigen Suche verwaist ist,
2. die Art der Nutzung des verwaisten Werkes durch die Institution,
3. jede Änderung des Status eines genutzten verwaistenWerkesgemäß§61b,
4. die Kontaktdaten der Institution wie Name, Anschrift sowie gegebenenfalls Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse.
Diese Informationen werden von dem Deutschen Patent- und Markenamt unverzüglich an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster, Modelle) weitergeleitet.
(5) Einer sorgfältigen Suche bedarf es nicht für Bestandsinhalte, die bereits in der Datenbank des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster, Modelle) als verwaist erfasst sind.

§ 61b UrhG-neu ist zu entnehmen wann eine Beendigung der Nutzung zu erfolgen und welche Vergütungspflicht eine nutzende Institution im Falle eines späteren Auffindens des Urhebers zu leisten hat. § 61 c UrhG-neu räumt auch öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Möglichkeit zur Nutzung verwaister Werke ein.

Von einer Neuregelung sind auch die sogenannten "vergriffenen" Werke betroffen. Sie sollen leichter für Digitalisierungsvorhaben genutzt werden können. Eine entsprechende Neuregelung sieht § 13d UrhWahrnG-neu vor.

Das vom Bundesrat gebilligte Gesetz sieht zudem eine Neuregelung für das sogenannte Zweitveröffentlichungsrecht vor. Urheber wissenschaftlicher Beiträge räumen dem Verleger ihrer Texte für gewöhnlich ein ausschließliches Nutzungsrecht an ihren Texten ein. Dies war bislang nicht vereinbar mit dem oftmals vorhandenen Interesse des Urhebers an einer späteren Zweitveröffentlichung. In § 38 Abs. 4 UrhG-neu soll eben diesem Interesse künftig Rechnung getragen. So können Urheber wissenschaftlicher Texte diese nach Ablauf einer zwölfmonatigen Frist eine Zweitveröffentlichung vornehmen. Diese darf jedoch keinem gewerblichen Zweck dienen. Zudem muss das Werk aus einer zumindest zu fünfzig Prozent öffentlich finanzierten Forschungsarbeit hervorgegangen sein. Es bleibt daher vorerst abzuwarten wie viele Urheber wissenschaftlicher Texte hierdurch letztlich in den Genuss eines Zweitveröffentlichungsrechts kommen werden.

§ 38 Absatz 4 UrhG-neu
(4) Der Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, hat auch dann, wenn er dem Verleger oder Herausgeber ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, das Recht, den Beitrag nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient.
Die Quelle der Erstveröffentlichung ist anzugeben. Eine zum Nachteil des Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Zudem verabschiedete der Bundesrat eine Entschließung. Darin fordern die Ländervertreter die künftige Bundesregierung dazu auf, eine neue Regelung bezüglich der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in internen Netzwerken innerhalb von Bildungseinrichtungen zu erarbeiten.

 


 

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