Warnpflicht bei Abbildungen von Zigarettenpackungen

cigarette g8691a4ae2 640Auf Basis des neusten EuGH Urteils müssen bald viele Supermärkte ihre Zigarettenautomaten umgestalten. Der EuGH hat mit Urteil vom 09.12.2021(Az. C 370/20) entschieden, dass Warnhinweise bei Zigaretten nicht erst auf der Packung selbst, sondern auch auf jedem Abbild, das Verbraucher mit einer Packung in Verbindung bringen, angebracht werden müssen. Die finale Entscheidung wurde nach Urteil des EuGH über die vom BGH gestellten Vorlagefragen zur finalen Entscheidung an den BGH zurücküberwiesen.

Der bisherige Prozessverlauf

Der Beklagte ist ein Supermarktbetreiber aus München, der im Jahr 2017 an den Kassen seiner zwei Supermärkte Ausgabeautomaten für Zigarettenpackungen installiert hatte. In den Ausgabeautomaten wurden die Zigarettenpackungen vorrätig gehalten, ohne dass die Verpackung der jeweiligen Zigarettenschachtel für den Kunden sichtbar war. Auf den Auswahltasten des Ausgabeautomaten befanden sich grafische Darstellungen der Zigarettenmarken. Die auf den Verpackungen gemäß § 6 Tabakerzeugnisgesetz auf der Verpackung anzubringenden Warnhinweise waren jedoch nicht vorhanden.

Der Zigarettenautomat funktioniert so, dass die Zigarettenschachteln erst nach Freigabe durch den Kassierer bzw. die Kassiererin erfolgt. Anschließend kann der Kunde mit Knopfdruck seine Marke auswählen und erhält dann vom Automat seine Packung direkt auf das Kassenband.

Klägerin in der Angelegenheit ist der gemeinnützige Verein „Pro Rauchfrei“, der sich der Verteidigung der Rechte von Passivrauchern verschrieben hat.

Die Klage wurde ursprünglich vom Verein vor dem Landgericht München I erhoben. In der Klage beantragte die Klägerin, dem Beklagten zu verbieten, Tabakerzeugnisse mittels eines Automaten so zum Verkauf anzubieten, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen und Außenverpackungen der Tabakerzeugnisse im Zeitpunkt des Anbietens für den Verbraucher verdeckt sind.

Hilfsweise beantragte die Klägerin dem Beklagten zu verbieten, solche Erzeugnisse mittels eines Automaten zum Verkauf anzubieten, der nur das Bild der Zigarettenverpackungen ohne die auf diesen anzubringenden gesundheitsbezogenen Warnhinweise zeigt.

Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim Oberlandesgericht München ein. Die Berufung war ebenfalls erfolglos. Gegen dieses Urteil legte der Verein Revision beim Bundesgerichtshof ein. Der Bundesgerichtshof wiederrum richtet sich mit Vorlagefragen im Hinblick auf die um Auslegung der Richtlinie 2014/40 über Tabakerzeugnisse  an den europäischen Gerichtshof.

Maßgeblich für die Beurteilung ist insbesondere Artikels 8 Abs. 8 der Richtlinie. Nach dieser Bestimmung müssen die vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise auch auf Bildern von Packungen und Außenverpackungen, die für Verbraucher in der Union bestimmt sind, sichtbar sein.

Was sagt der EuGH zu den Vorlagefragen?

Nach Ansicht des EuGH muss der vorbenannte Artikel und Absatz der Richtlinie dahingehend ausgelegt werden, dass es sich um ein „Bild von einer Packung“ im Sinne dieser Bestimmung handelt.  Bei der streitgegenständlichen Abbildung handelt es sich zwar nicht um eine naturgetreue Wiedergabe einer Zigarettenpackung, der Verbraucher verknüpft das Abbild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Packung im Sinne dieser Richtlinie. .

Ein Bild einer Zigarettenpackung, das unter diese Bestimmung fällt, auf dem aber nicht die gesundheitsbezogenen Warnhinweise gemäß Titel II Kapitel II der Richtlinie zu sehen sind, ist selbst dann nicht mit dieser Bestimmung vereinbar, wenn der Verbraucher vor dem Erwerb der Zigarettenpackung die Gelegenheit hat, diese Warnhinweise auf der dem Bild entsprechenden Zigarettenpackung wahrzunehmen.

Mit Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie soll verhindert werden, dass ein Einzelhändler versucht, jede Präsentation der vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise an der Verkaufsstelle dadurch zu vermeiden, dass er statt der Packungen mit diesen Warnhinweisen Bilder der Packungen ohne Warnhinweise zeigt.

Fazit

Es bleibt nun abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof die Bilder von Zigarettenmarken auf den Auswahltasten des Ausgabeautomaten im Supermarkt als Bilder im Sinne der Tabakrichtlinie ansieht, die ein Verbraucher aufgrund ihrer Gestaltung mit Packungen von Tabakerzeugnissen assoziiert. Ist dies nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs der Fall, so müssen der Kläger und andere Supermarktbetreiber ihre Automaten umgestalten.

Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter – Ref. jur. Philipp Schmelz

Bildquelle: Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay 

Autor
Benjamin Schmidt
Benjamin Schmidt
Counsel - Dipl. Jur. - Externer Datenschutzbeauftragter (TÜV)
Herr Schmidt gehört der DURY GRUPPE bereits seit Juni 2015 an und ist seit Januar 2016 Mitarbeiter bei DURY LEGAL. Neben seiner juristischen Ausbildung ist Herr Schmidt auch zertifizierter externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). In dieser Funktion betreut er unsere Mandanten im Bereich E-Commerce, Datenschutz und IT-Recht.