Über diese Frage muss nun der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entscheiden. Im Kern geht es darum, ob eine Kommune oder eine Stadt ein Internetangebot in Form eines Stadtportals betreiben darf, auf dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Stadtgeschehen veröffentlicht werden.
Die Klägerin ist ein Verlag, der Print-Tageszeitungen herausgibt und auch ein digitales Stadtportal betreibt, auf dem Sie in regelmäßigen Abständen über das aktuelle Tagesgeschehen in der betroffenen Stadt und dem Umland zur Stadt berichtet. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Internetauftritt der beklagten Stadt rechtlich problematisch ist, da die Seite der Stadt nicht nur amtliche Mitteilungen und Informationen anführt, sondern auch redaktionelle Mitteilungen über die Geschehnisse in der Stadt und dem Umland veröffentlicht. Auch die Außendarstellung der Website der Beklagten sei darauf ausgelegt, dass über das Geschehen in der Stadt informiert werden soll.
Die Klägerin forderte von der beklagten Stadt die Unterlassung der Veröffentlichung von redaktionellen Inhalten bzw. Einstellung der entsprechenden Aktivitäten auf der Internetseite. Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Internetauftritt der Stadt gegen die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit verstößt und aus diesem Grund gemäß § 3a UWG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Gebot der Staatsferne der Presse) wettbewerbswidrig ist.
Das Landgericht Dortmund (Urteil vom 8. November 2019 – 3 O 262/17) gab der Klage zunächst statt, da – nach Ansicht des Landgerichtes – die Inhalte auf der Internetseite der Beklagten die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung überschritten haben. Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein und zog vor das Oberlandesgericht Hamm.
Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 10. Juni 2021 – I-4 U 1/20) hob das Urteil des Landgericht Dortmund auf und wies die Klage ab. Die Beiträge der Beklagten überschreiten nach Ansicht des OLG zwar die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung, jedoch bewertet das OLG den Eingriff im Rahmen einer Gesamtanschauung so, dass die Institutsgarantie der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht gefährdet ist.
Vor dem BGH geht dieser Prozess nun in die nächste Runde.
Bereits im Januar berichteten wir vom OLG München, welches auf die Klage eines Verlages hin entschied, dass das Münchner Stadtportal zu presseähnlich ist (https://www.dury.de/wettbewerbsrecht-blog/olg-muenchen-muenchner-stadtportal-ist-zu-presseaehnlich). Lokale Verlage sehen sich offensichtlich in einem Konkurrenzkonflikt mit den immer weiter ausgebauten Stadtportalen der Städte und Gemeinden. Ob die Verlage mit ihren Klagen und ihrem Vorgehen gegen die Stadtportale Erfolg haben werden, bleibt bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs abzuwarten. Sobald uns in dieser Sache eine Entscheidung vorliegt, werden wir zeitnah berichten. Klar ist, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs hier zunächst Rechtsklarheit schaffen sollte. Zu hoffen bleibt, dass der BGH klare Kriterien darlegt, nach denen eine entsprechende Abgrenzung zwischen zulässigem Handeln und unzulässigem Handeln geschaffen wird.
Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter – Ref. Jur. Philipp Schmelz