LG München I, Urt. v. 12.05.2009, AZ: 28 O 398/09
URTEIL
(…)
wegen Forderung
erläßt das Landgericht München I, 28. Zivilkammer, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Stackmann, Richterin am Landgericht Dr. Blaschke und Richterin am Landgericht Dr. Lutz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.5.2009 folgendes
Endurteil:
“Tenor”>
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Anderkontos der Klägerin durch die Beklagte. Die Klägerin ist Rechtsanwältin mit Kanzleisitz in München. Sie hat sich auf das Inkasso für Mandanten, die Internetdienste anbieten, spezialisiert.
Mit Antrag vom 25.08.2008 hat die Klägerin bei der Beklagten ein Geschäftsgirokonto mit der Nummer … und ein Sammelanderkonto mit der Nummer … eröffnet (Anlage K 1). Zugleich schlossen die Parteien eine Rahmenvereinbarung über die Teilnahme am Online-Banking/Telefon-Banking (Anlage K 2). In die Geschäftsbeziehungen wurden die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und die „Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots Rechtsanwälte“ einbezogen (Anlage K 3, K 4). Sowohl das Giro- als auch das Anderkonto wurden ausnahmslos im Haben geführt, es kam in keinem Fall zu einer Rückgabe einer Lastschrift mangels Deckung, zu Scheck oder Wechselprotesten oder ungenehmigten Überziehungen oder Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Die Vermögenslage der Klägerin hat sich nicht verschlechtert. Im Zeitraum vom 25.08.2008 bis 27.02.2009 gingen auf das Sammelanderkonto mehr als 2,2 Mio Euro durch ca. 25 000 Einzelüberweisungen über Beträge zwischen 60,00 Euro und 160,00 Euro ein, 1,9 Mio daraus wurden weiter überwiesen.
Mit Schreiben vom 11.09.2008 hat die Beklagte die Geschäftsbeziehung unter Berufung auf § 26 I der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen ordentlich mit einer Frist zum 14.10.2008 gekündigt (Anlage K 5). Die Klägerin wies die Kündigung mit Schreiben des Prozessvertreters vom 17.9.2008 an die Beklagte zurück (Anlage K 6). Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 23.09.2008 (Anlage K 7) begründete die Beklagte die Kündigung damit, die Führung des Kontos sei ihr aus sachlichen Gründen nicht zuzumuten. Auf dem Konto vereinnahme die Klägerin offenbar ausschließlich Gelder zugunsten der …. Am 09.09.2008 habe es über diese Mandantin einen negativen Fernsehbeitrag in Sat 1 gegeben. Hieraus ergebe sich der Verdacht auf ein strafwürdiges Geschäftsgebaren der Mandantin der Klägerin. Die Beklagte habe in der Folge des Fernsehberichtes entsprechend negative Zuschriften und Kritik wegen der Führung des Kontos erhalten. Sie fürchte daher zu Recht einen Imageschaden im Falle der Fortführung der Geschäftsbeziehung.
Die Beklagte hat am 24.11.2008 eine weitere fristlose Kündigung (Anlage K 9) übergeben, gestützt auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 21.11.2008. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde durch das Landgericht München mit Beschluss vom 18.12.2008, Gz. 4 Qs 36/08 aufgehoben (Anlage K 10).
Die Fa. … bietet im Internet kostenpflichtige Leistungen, zum Teil in Abonnementform an, zum Beispiel Sudoku-Rätsel, Routenplaner, Lebenserwartungsberechnung und anderes. Die Geschäftstätigkeit der Fa. … sowie die Inkassotätigkeit der Klägerin waren im September und Oktober 2008 sowie Februar 2009 Gegenstand mehrerer Fernsehsendungen im Bayerischen Rundfunk, in Sat 1 und im ZDF, Darin wurde die Geschäftstätigkeit der Fa. … als betrügerisch bezeichnet. Ihr wird vorgeworfen, sie täusche planmäßig die Internetnutzer über die Kostenpflichtigkeit, in dem sie einen entsprechenden Sternchenhinweis zu den Preisen lediglich an versteckter Stelle angebracht habe. Die Klägerin wurde in den Berichten namentlich genannt und scharf kritisiert. Außerdem beschäftigen sich zahlreiche Internetforen kritisch mit der Klägerin und ihren Mandanten. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 08./09.10.2008 zu dem Thema wurde die Beklagte als kontoführende Bank genannt. Die Beklagte erhält aufgrund der Kontoführung für die Klägerin zahlreiche Beschwerdebriefe empörter Kunden und anderer Bürger.
Die Klägerin ist von der Fa. … mit dem Inkasso für Entgeltforderungen aus der Nutzung ihrer Internetportale beauftragt, wobei sie sich vereinbarungsgemäß der Unterstützung von zwei Dienstleistern (Call-Centern) bedient. Sie verschickt an Nutzer, die auf entsprechende Anforderung der Fa. … nicht bezahlt haben, jeweils mehrere Mahnschreiben, die neben der Hauptforderung im Namen der Mandantin auch die Forderung von Schadensersatz für die Kosten ihrer anwaltlichen Beauftragung zum Eintreiben der Forderung enthalten. Dabei berechnet die Klägerin die Kosten ihrer Beauftragung innerhalb der Rahmengebühr des Gebührentatbestandes Nr. 2300 VV RVG mit dem Satz 1,3. Die Abrechnung gegenüber der Mandantin aus den Mandaten erfolgte bisher vorläufig und pauschal im Hinblick auf den Zahlungseingang. Die Klägerin hat Leistungen für Mandate, die nicht zu einem Zahlungserfolg führten, bisher nicht abgerechnet.
Die Klägerin behauptet, sie verfüge – mit Aufnahme eines bei der Berliner Volksbank geführten Einzelanderkontos –, nicht über ein weiteres Anderkonto.
Die Klägerin trägt vor, die Kündigung sei nichtig, da die Beklagte, die als Anstalt des öffentlichen Rechts der Grundrechtsbindung unterliege, willkürlich gehandelt habe, Außerdem verstoße die Beklagte gegen ihren öffentlichen Auftrag zur Daseinsvorsorge. Die Klägerin sei zur Ausübung ihrer anwaltlichen Tätigkeit auf die Führung eines Anderkontos angewiesen.
Zu der Berufung der Beklagten auf die negative Berichterstattung und die Boykottaufrufe meint die Klägerin, diese substanzlosen Meinungsäußerungen müsse die Beklagte angesichts der erheblichen Bedeutung des Kontos für die Berufsausübung der Klägerin hinnehmen. Im Übrigen sei ein Imageschaden für die Beklagte allein durch Führung des Kontos fernliegend.
Die Klägerin verwehrt sich gegen die Auffassung der Beklagten, ein Kündigungsgrund ergebe sich aus dem Umstand, dass über das Konto Umsätze aus strafbarer Tätigkeit abgewickelt werden. So seien die Vorwürfe gegen die Geschäftstätigkeit der Fa. … unzutreffend. Auf die Kostenpflicht der Angebote werde ausreichend hingewiesen, der Nutzer müsse eine Anmeldemaske mit seinen Daten ausfüllen, Bestandteil dieser Maske sei der Sternchenhinweis, der zu einer Fußnote führe, die die Preisangabe im Fettdruck enthalte. Die Nutzer erhielten im Übrigen für das Entgelt eine entsprechende Gegenleistung. Folgerichtig habe das Landgericht Frankfurt a.M. , Gz. 5/27 Kls 3330 Js 212484/07 KLs – 12/08 in dem Strafverfahren gegen … als Verantwortlichen der Fa. … die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen einer Anklage, die den Vorwurf des gewerbsmäßigen Betruges durch den Betrieb der Internetangebote erhob, mit Beschluss vom 05.03.2009 abgelehnt.
Die Klägerin widerspricht auch der Auffassung der Beklagten, sie mache sich selbst strafbar, indem sie die Forderungen eintreibe. Das Einfordern einer Forderung unter Androhung des Gerichtsweges erfülle weder den Tatbestand des Betruges noch der Nötigung.
Schließlich könne die Kündigung auch nicht auf den Vorwurf gegründet werden, die Klägerin selbst begehe durch das Einfordern von Anwaftshonorar im Wege des Schadensersatzes für die Mandantin eine den Tatbestand des Betruges erfüllende Täuschung. Jedenfalls gehe der Vorwurf, sie habe ein unzulässiges Erfolgshonorar eingetrieben, ins Leere, da im Falle der Nichtigkeit einer solchen Honorarvereinbarung jedenfalls der gesetzliche Gebührenanspruch geschuldet sei. Im Übrigen sei auch kein Erfolgshonorar vereinbart worden. Die Frage des Honorars sei vielmehr bis zum Abschluss einer Testphase offen geblieben. Eine Abrechnung sei ihr bisher nicht möglich gewesen, da das Mandat noch nicht beendet sei. Sie habe jedenfalls nicht vorab einen pauschalen Verzicht auf das Honorar für die erfolglose Beitreibung erklärt. Das Honorar sei auch nicht überhöht. Keinesfalls sei lediglich der Gebührentatbestand Nr. 2302 VV RVG für ein einfaches Schreiben eröffnet, da es auf den Umfang des Auftrages ankomme und dieser umfasse hier die gesamte Beitreibung der Forderung. Die Berechnung des Mittelsatzes von 1,3 sei im Übrigen angemessen. Hinsichtlich der Einzelheiten des diesbezüglichen Klägervortrages wird insbesondere auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6.05.2009 mit der anliegenden Stellungnahme Rechtsanwalt … Bezug genommen.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Geschäftstätigkeit ihrer Mandanten sei von der Beklagten nicht zu überprüfen oder zu beurteilen, eine Kündigung könne hierauf nicht gestützt werden.
Die außerordentliche Kündigung vom 24.11.2009 ist nach Auffassung der Klägerin bereits wegen der nachfolgenden Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unwirksam, da hierdurch der wichtige Grund jedenfalls entfallen sei.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 20.1.2009, vom 03.04.2009 und vom 06.05.2009 Bezug genommen.
Die Klägerin hat den Antrag hinsichtlich des Geschäfts-Girokontos zurück genommen und beantragt:
festzustellen, dass der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Girovertrag betreffend das Sammelanderkonto der Klägerin mit der Nummer … sowie die zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene „Rahmenvereinbarung über die Teilnahme am Online-Banking (PIN/iTAN)“ durch die Kündigungen der Beklagten vom 11.9.2008 und 24.11.2008 nicht beendet worden sind.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin auf die Kontoverbindung angewiesen sei. Es sei ihr zuzumuten, Alternativen wahrzunehmen und sich um ein anderes Konto zu bemühen. Dies habe die Klägerin nicht ausreichend getan.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei schon aus dem Grund berechtigt, dass die Klägerin über das Konto Zahlungen aus strafbaren Handlungen abwickle. Die Klägerin begehe gewerbsmäßigen Betrug, indem sie in ihren Mahnschreiben wahrheitswidrig und in Täuschungsabsicht eine Zahlungspflicht des Empfängers behaupte und zur Verstärkung ein Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden fehlerhaft zitiere. Im Übrigen sei die in den Mahnschreiben enthaltene Androhung einer Klage als Nötigung zu bewerten. Desweiteren liege der Tatbestand der Geldwäsche vor, da die eingehenden Gelder aus gewerbsmäßigen betrügerischen Handlungen stammten. Die Fa. … betreibe in betrügerischer Form Internetseiten. Die Gestaltung ziele darauf ab, den Nutzer über die Kostenpflicht der Angebote zu täuschen. Wegen ihrer Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz müsse die Beklagte aufgrund des Sachverhaltes auch Prüfungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht fürchten.
Die Beklagte ist des Weiteren der Auffassung, die Klägerin erfülle den Tatbestand der Gebührenüberhebung, da sie in ihren Mahnschreiben eine 1,3 Geschäftsgebühr verlange, während allenfalls eine 0,3 Gebühr angemessen sei. Außerdem täusche sie wahrheitswidrig vor, der Mandantin sei ein entsprechender Schadensersatzanspruch entstanden, während tatsächlich vereinbart sei, dass ein Honoraranspruch nur dann entstehe, wenn die Beitreibung erfolgreich sei.
Schließlich beruft sich die Beklagte unter Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung darauf, dass der begründete Verdacht einer Straftat bereits als sachlicher, eine Kündigung rechtfertigender Grund ausreiche.
Im Übrigen verweist die Beklagte auf die Schädigung ihres Rufes im geschäftlichen Verkehr, da sie durch die Berichterstattung mit den Geschäften der Klägerin und ihrer Mandantin nachteilig in Verbindung gebracht werde. Die Bearbeitung der deswegen eingehenden Beschwerden und Antragen bereite einen Aufwand, der der Beklagten nicht zuzumuten sei. In eine Interessenabwägung sei auch einzustellen, dass die Kontoverbindung bis zur Kündigung weniger als einen Monat angedauert hat.
Hinsichtlich des weiteren Vertrages der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 20.02.2009, 31.03.2009 und 14.04.2009 Bezug genommen.
In dieser Sache hat die Kammer der Beklagten mit Beschluss vom 07.10.2008, Gz.: 28 O 17141/08, im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Konten bis 31.01.2009 fortzuführen, diese wurde mit Urteil vom 24.11.2008 aufrechterhalten. In dem weiteren einstweiligen Verfügungsverfahren 28 O 1004/09 hat die Kammer der Beklagten aufgegeben, die Kontoverbindung über den 31.01.2008 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache aufrecht zu erhalten. Nach der gemeinsamen Verhandlung mit vorliegendem Verfahren erging in diesem Verfügungsverfahren ebenfalls am 12.05.2009 Endurteil, in welchem die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen wurde.
Das Gericht hat gemeinsam mit dem Verfahren 28 O 1004/09 mündlich verhandelt im Termin vom 12.05.2009. Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …, die Klägerin wurde zur Sache angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die. Beklagte hat die Kontoverbindung mit Kündigung vom 11.09.2009 wirksam gekündigt.
1. Die Kündigung vom 11.09.2009 verstößt nicht gegen das Willkürverbot gemäß § 134 BGB, Art. 3 Abs. 1 GG. Damit ist die Kündigung des streitgegenständlichen Anderkontos wirksam.
a) Die Beklagte hat ihre Kündigung auf § 26 I AGB der Sparkassen gestützt. Danach ist eine ordentliche Kündigung jederzeit zulässig, darf jedoch nicht zur Unzeit erfolgen. Dies bedeutet, dass regelmäßig eine Frist bis zur Beendigung der Kontoverbindung zu gewähren ist. Dabei sind die Interessen des Kunden an der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung und an einer geregelten Abwicklung zu berücksichtigen. Ausgangspunkt sind außerdem zunächst die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Das Giroverhältnis ist ein Geschäftsbesorgungsverhältnis, das durch dienstvertragliche Elemente geprägt ist. Da der Girovertrag Dienste höherer Art zum Gegenstand hat die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, kann er nach §§ 627, 675 BGB gekündigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.1990, Az. XI ZR 54/90 ).
b) Das jederzeitige Kündigungsrecht ist jedoch durch die Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand eingeschränkt und unterliegt einer Abwägung mit den grundrechtlich geschützten Interessen des Kunden. Die Beklagte hat als erwerbswirtschaftlich tätige, aber ausschließlich von der öffentlichen Hand beherrschte Gesellschaft, das in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Willkürverbot zu beachten hat (vgl. BGH, Urteil vom 2.12.2003, NJW 2004, 1031). Das Willkürverbot ist verletzt, wenn sich bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken ein sachgerechter Grund für eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt nicht finden lässt (vgl. BVerfG NJW 1988, 3258). Ein sachgerechter Grund liegt jedenfalls dann vor, wenn über das Konto Gelder eingezogen werden, die nach den festgestellten Tatsachen aus Handlungen des Kontoinhabers stammen, die den objektiven Tatbestand einer strafbaren Handlungen erfüllen.
Hierzu ist vorab festzuhalten, dass die Kammer bei der Bewertung bleibt, dass die Tätigkeit der Mandanten der Klägerin nach der Vortragslage in diesem Verfahren nicht als strafbar zu bewerten ist. Dagegen erfüllt das Einfordern von Rechtsanwaltsgebühren gegenüber Empfängern der Mahnungen den objektiven Tatbestand des Betruges. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen … sowie der Angaben der Klägerin in ihrer Anhörung zur Sache steht fest, dass zwischen der Klägerin und ihrer Mandantin, der Fa. …, von vornherein vereinbart war, die Vergütung der Klägerin nach einer nicht näher zeitlich definierten Testphase pauschal für das Gesamtmandant auf der Grundlage des tatsächlichen Zahlungseinganges abzurechnen. Dies folgt zum einen aus der Angabe der Klägerin, es gebe keine Vereinbarung darüber, was in den Fällen mit dem Honoraranspruch passiere, wenn die abgemahnten Schuldner die Rechtsanwaltsgebühr nicht bezahlten. Jedenfalls habe sie nicht auf entsprechende Ansprüche verzichtet Zahlungen oder Verrechnungen hinsichtlich der Gebührenansprüche habe es bisher nicht gegeben, da das Gesamtmandat erst nach dessen Beendigung abgerechnet werden solle. Der Zeuge …, der für die Fa. … die Mandatsvereinbarung maßgeblich verhandelt hat, hat bestätigt, dass nicht darüber gesprochen worden sei, wie die Mandate hinsichtlich der Schuldner, die nicht gezahlt hätten, abgerechnet werden sollten, dies sei offen geblieben. Er habe der Klägerin schriftlich vorgeschlagen, so zu verfahren, wie bei der zuvor beauftragten Kanzlei …, die bei Nichtzahlung der angemahnten Schuldner 2 Euro pro Schuldner abgerechnet habe. Hierauf habe die Klägerin jedoch nicht reagiert. Jedenfalls habe man einen Satz von 1,3 ausgemacht sowie sich darauf geeinigt, dass kein Vorschuss gezahlt werde, die Klägerin vielmehr einen Freistellungsanspruch geltend mache.
Zur Überzeugung der Kammer folgt aus diesen Angaben, dass von Anfang an beabsichtigt war, in den nicht erfolgreichen Mandaten nicht die gesetzlichen Gebühren in voller Höhe geltend zu machen, auch wenn die genauen Abrechnungsmodalitäten noch nicht feststanden. Aus den Angaben der Klägerin ergibt sich, dass diese den Auftrag zum Inkasso als Gesamtmandat betrachtet hat, dass nach einer gewissen Zeit pauschal abgerechnet werden sollte. Eine Abrechnung des einzelnen Mandates für jeden einzelnen Schuldner war von der Klägerin nicht beabsichtigt und wurde auch nicht praktiziert, Auch die Angabe der Klägerin, das Mandat sei noch nicht beendet und daher nicht abrechenbar, bezieht sich auf das Gesamtmandat. Es erscheint nicht plausibel, dass nach mehreren Monaten der Inkassotätigkeit keines der massenhaften Mandate beendet wäre. Die Kammer zieht aus dieser tatsächlichen Abrechnungspraxis den Schluss, dass mit der erfolgreichen Durchsetzung der Gebührenansprüche zugunsten der Klägerin nicht nur das jeweilige Mandat, sondern das „Gesamtmandat“ – vorbehaltlich eines etwaigen ebenfalls pauschalen Ausgleiches nach der Testphase – hinsichtlich aller erfolgreichen und nicht erfolgreichen Mandate abgegolten werden sollte. Da dies von vornherein feststand und auch so praktiziert wurde, täuschte die Klägerin mit ihrer Gebührenforderung gegenüber den einzelnen Schuldnern über die Höhe des von der Mandantin ihr gegenüber geschuldeten Honorars und damit des von diesem auszugleichenden Schadens. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schuldner schließlich zahlte oder nicht. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Vereinbarung eines Erfolgshonorars allein nicht tatbestandsmäßig wäre, da sodann der gesetzliche Gebührenanspruch geschuldet wäre. Hierauf kann sich die Klägerin jedoch nicht berufen, da sie im Mandatsverhältnis von Anfang an nicht die Absicht hatte, in den Einzelmandaten ihre gesetzlichen Gebühren geltend zu machen.
Mit der Zahlung der Schuldner floss der Klägerin ein Vermögensvorteil zu, auf den weder sie noch ihre Mandantin einen Anspruch in dieser Höhe hatte. Dies erfüllt zumindest den objektiven Tatbestand des Betruges. Aus diesem Verhalten folgt ein hinreichender sachlicher Grund für die Kündigung der Bankverbindung, zumal es sich um ein massenhaftes und planmäßiges, in dem Kern der Geschäftstätigkeit der Klägerin angelegtes Vorgehen handelt. Für diese Einschätzung kommt es nicht auf weitere Feststellungen der Beklagten zum subjektiven Tatbestand an.
c) Die Beklagte war berechtigt, eine eigene Bewertung der Geschäftstätigkeit der Klägerin unter strafrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Dem steht weder die Unschuldsvermutung, noch der Vorrang des Straf-bzw. standesrechtlichen Verfahrens entgegen. Jedem Träger öffentlicher Verwaltung oder jede erwerbswirtschaftlich tätige Einrichtung der öffentlichen Hand ist berechtigt, aus eigener Kompetenz eine entsprechende Beurteilung vorzunehmen, die wiederum der Kontrolle durch die Rechsprechung unterliegt. Ein dem Parteienprivileg vergleichbarer Vorrang der Entscheidung etwa durch ein Strafgericht existiert nicht. Hieraus folgt allerdings weder eine Berechtigung noch eine Verpflichtung der Beklagten zu internen Ermittlungen gegenüber den Kunden. Die Beklagte hat ihre Kenntnisse hier aber aus der öffentlichen Berichterstattung, aus allgemein zugänglichen Medien, aus den von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden geführten Ermittlungsverfahren sowie aus Angaben der Klägerin selbst gewonnen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie hieraus rechtliche Bewertungen ableitet.
2) Die Kündigung des Kontos berührt zwar auch die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin als Rechtsanwältin. Aus der Grundrechtsbindung der Beklagten mag daher folgen, dass die Beschränkungen des Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten sind. Der insoweit erforderliche sachliche Grund für die Kündigung setzt voraus, dass der durch diese erfolgte Eingriff in dieses Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist. Dies kann im vorliegenden Fall bejaht werden, weil die Beklagte das Verhalten der Klägerin nach den festgestellten Umständen zu Recht als betrügerisch bewertet. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die ohnehin nur kurze Geschäftsverbindung durch Kündigung beendet hat. Angesichts des Zeitpunktes der Kündigung und der Dauer des vorliegenden Verfahrens kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte gehalten war, der Klägerin eine großzügig bemessene Kündigungsfrist zu gewähren, um eine andere Bankverbindung zu finden. Somit ist das Verhalten der Beklagten auch nicht unverhältnismäßig.
Kostenentscheidung
3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.