Mit Urteil vom 15.5.2014 (Az. III ZR 368/13) hat sich der BGH erneut mit dem Textform-Erfordernis der Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen beschäftgit. Dabei kam er - wenig überraschend - zu den nachfolgenden Leitsätzen:
1. Die bloße Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite („ordinary website”) des Unternehmers reicht für die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nach §§ BGB § 355 Abs. BGB § 355 Absatz 2 Satz 1 und Abs. BGB § 355 Absatz 3 Satz 1, 126b BGB nicht aus (Anschluss an BGH, U. v. 29.4.2010 – BGH Aktenzeichen IZR6608 I ZR 66/08, NJW 2010, NJW Jahr 2010 Seite 3566).
2. Die vom Unternehmer in einem Online-Anmeldeformular vorgegebene, vom Kunden (Verbraucher) bei der Anmeldung zwingend durch Anklicken mit einem Häkchen im Kontrollkasten zu versehende Bestätigung „Widerrufserklärung Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?” ist gem. § BGB § 309 Nr. 12 lit. b BGB sowie deshalb unwirksam, weil sie von den verbraucherschützenden Regelungen in §§ BGB § 355 Abs. BGB § 355 Absatz 2 und BGB § 355 Absatz 3, BGB § 360 Abs. BGB § 360 Absatz 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers abweicht.
3. Ist eine vom Unternehmer vorformulierte Bestätigung des Kunden unwirksam, so kann der Unternehmer dem Widerruf des Kunden nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten und gegen den Kunden auch keinen Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung oder sonstiger Treuepflichtverletzung geltend machen, indem er den Vorwurf erhebt, dass der Kunde diese Bestätigung wahrheitswidrig erteilt habe.
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Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Zahlung einer restlichen Teilnahmegebühr i.H.v. 1.782,– Euro nebst Zinsen. Die Teilnahmegebühr sollte für einen von der Klägerin veranstalteten Lehrgang für Naturheilverfahren angefallen sein.
Darüber hinaus forderte sie auch die Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Unstreitig hatte sich die Beklagte am 9.8.2010 über die Internetseite der Klägerin zu einem Seminar mit dem Titel „Gestalttherapie” angemeldet.
Dieses war für den Zeitraum vom 9.4.2011 bis zum 20.5.2012 geplant.
Die Teilnahmegebühr betrug insgesamt 1.980,– Euro.
Nach der Anmeldung auf der Internetseite erhielt die Beklagte am 9.8.2010 eine Anmeldebestätigung von der Klägerin. Eine Widerrufsbelehrung war dieser Bestätigung nicht beigefügt.
Am 19.12.2010 stornierte die Beklagte die Anmeldung für das Seminar per E-Mail und zahlte an die Klägerin einen pauschalen Betrag i.H.v. 198,– Euro.
Die Klägerin verfolgt mir dem Hauptantrag der Klage die Zahlung des Differenzbetrages.
Sie behauptete in ihrer Klage, die Anmeldung zu dem Seminar sei nur über eine Eingabemaske möglich gewesen, auf der es zwingend notwendig gewesen sei eine Checkbox anzuhaken, um die Buchung abzuschließen. Es habe sich um ein sog. "Pflichtfeld" gehandelt.
Dieses Pflichtfeld sei mit folgendem Wortlaut beschriftet gewesen: „Widerrufserklärung Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?”. Durch Anklicken dieses Textes habe man die Widerrufsbelehrung abrufen, ausdrucken und abspeichern können.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Möglichkeit, die Widerrufsbelehrung auf ihrer Internetseite einzusehen und sodann abzuspeichern oder auszudrucken, genüge den gesetzlichen Anforderungen der Belehrung in "Textform".
Die Beklagte argumentierte, die Anzeige der Checkbox und des Hinweises auf das Widerrufsrecht sei nicht formgerecht, entspreche also nicht dem Textformerfordernis. Dies gelte auch dann, wenn der Text der Widerrufsbelehrung ausgedruckt und/oder abgespeichert werden könne.
Diese Auffassung vertraten auch die beiden vorinstanzlich mit der Sache befassten Gerichte und der BGH.
Die Entscheidung ist wenig überraschend und reiht sich ein in eine Vielzahl von Entscheidungen, die klar davon ausgehen, dass die Darstellung von Text auf einem Monitor / Display auch dann nicht das Textformerfordernis erfüllt, wenn eine Druckoption und/oder eine Speicheroption bereitgestellt wird. Vielmehr ist entscheidend, dass der Text die Sphäre des Verwenders verlässt, so dass der Text nicht mehr nachträglich geändert werden kann. Dies ist bei der Übersendung per E-Mail, Fax oder Brief der Fall.
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