Fernsteuerbare Drohnen werden immer beliebter und sind vielseitig einsetzbar. Viele Nutzer fertigen mit der Drohne Luftbildaufnahmen im öffentlichen Raum an. Doch wie verhalten sich diesen Aufnahmen zum Urheberrecht? Mit dieser Frage befasste sich nun das LG Frankfurt (Az.: 2-06 O 136/20) und weicht dabei in seinem Urteil von der Leitrechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.
Die Parteien stritten über urheberrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos von einer Brücke im Internet. Die Klägerin ist ein Ingenieursbüro, welches 2016 die „Lahntalbrücke“ in Limburg entwarf. Das Ingenieursbüro sicherte sich damals durch Vertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Projekt. Der Beklagte, ein professioneller Fotograf, fertigte mit seiner Drohne Luftbildaufnahmen der Brücke an und bot diese auf seiner Webseite zum Verkauf an. Den Käufern seiner Bilder räumte er einfache Nutzungsrechte ein. Die Klägerin ließ den Beklagten daraufhin zuerst abmahnen und verklagte ihn später auf Schadensersatz. Sie sah sich in ihren Urheberrechten verletzt.
Das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab und entfernte sich damit von der Leitrechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Panoramafreiheit des § 59 UrhG.
§ 59 Abs. 1 UrhG schreibt folgendes vor: „Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht […]“
Der Bundesgerichtshof sah bisher Luftaufnahmen von Gebäuden nicht von der Panoramafreiheit des § 59 UrhG geschützt. Durch die Aufnahme in der Luft würden Teile von Gebäuden abgebildet werden, die entgegen des Wortlauts der Vorschrift nicht von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen eingesehen werden können. Das Recht, ein urheberrechtlich geschütztes Bauwerk durch Lichtbild zu vervielfältigen, umfasse nur Fotografien, die von einem für das Publikum allgemein zugänglichen Ort aus aufgenommen worden sind (vgl. Az.: BGH I ZR 192/00).
Dabei war bislang bei allen beteiligiten Fachkreisen anerkannt, dass die Zuhilfenahme von technischem Equipment, wie z.B. Leitern, Helikoptern oder Drohnen, dazu führen, dass man den Ausnahmetatbestand der sog. Panoramafreiheit gem. § 59 UrhG verlässt, dies jedenfalls dann, wenn dies dazu führt, dass Orte abgelichtet werden, die nicht von einem öffentlichen Ort heraus eingesehen werden können. So war z.B. bei den hohen Masten der Google-Street-View Autos problematisch, dass diese recht hoch angebrachten Kameras teilweise auch über Zäune und Sichtschutzwände von Gärten und Häusern hinwegfotografierten.
Das Landgericht begründete seine Entscheidung unter Berufung auf die Auslegung einer EU-Richtlinie sowie der vergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie mit dem technischen Fortschritt.
Das Gericht argumentierte, man müsse § 59 Abs. 1 UrhG richtlinienkonform ausgelegen. Hierzu hat sich das Landgericht der InfoSoc-Richtlinie bedient. Dies ist eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts. Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der InfoSoc-Richtlinie siehe die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung vor für Werke der Baukunst, die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an öffentlichen Orten zu befinden. Entscheidend sei, dass sich das Werk an einem öffentlichen Ort befindet. Von welchem Ort das Werk betrachtet wird, regele die Richtlinie gerade nicht. Außerdem sei der Einsatz von Hilfsmitteln zur Luftbildaufnahme wie im vorliegenden Fall durch eine Drohne nicht gesetzlich verboten. Dies müsse auch für die Auslegung der deutschen Vorschrift § 59 Abs. 1 UrhG berücksichtigt werden.
Zudem berief sich das Landgericht in seinem Urteil auf eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Thematik der Panoramafreiheit (Az.: I ZR 247/15 - AIDA). In dieser hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Fotografien eines Kreuzfahrtschiffs aus allgemein zugänglichen Gewässern zulässig seien. Basierend hierauf seien im Umkehrschluss unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auch Aufnahmen aus der Luft von der Panoramafreiheit gedeckt.
Außerdem sei gem. § 1 Abs. 1 LuftVG die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge grundsätzlich frei, wenn diese Luftfahrzeuge bestimmte Kriterien bzgl. Gewicht und Aufstiegshöhe einhalten.
Zuletzt müsse man auch die technische Entwicklung der letzten Jahre berücksichtigen. Bis 1990 war es verboten, von einem Luftfahrzeug aus außerhalb des Fluglinienverkehrs ohne behördlicher Erlaubnis Lichtbildaufnahmen zu fertigen.
Dann hob man dieses Verbot auf mit dem Argument die „neue“ Satelliten- und Fototechnik mache ein solches Verbot hinfällig. Diese Erwägungen sprächen im Zeitalter von Drohnen erst recht für eine Panoramafreiheit. Werden zum Beispiel aus einem Hubschrauber heraus Fotografien gemacht, auf denen ein Bauwerk zu sehen ist, diese Fotografien dann auf soziale Netzwerke oder auf private Blogs geteilt, böte dies bei enger Auslegung des § 59 Abs. 1 UrhG ein Einfallstor für Abmahnungen. Das Urheberrecht kenne insoweit keine Differenzierung zwischen privater und gewerblicher Nutzung.
Das Landgericht Frankfurt entscheidet den Fall an einem modernen und zeitgemäßen Maßstab, weicht aber hierbei nichts desto trotz von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Im vorliegenden Fall ging es um Fotografien einer Brücke, die das Landgericht für „öffentlich“ im Sinne des § 59 Abs. 1 UrhG hielt. Entscheidendes Argument ist wohl, dass das Bauwerk ohnehin von öffentlichen Standorten her sichtbar ist und es keinen Unterschied macht, ob man sich am Ufer befindet, um die Brücke zu fotografieren, oder ob man eine Drohne ein paar Meter aufsteigen lässt.Anders wäre wahrscheinlich entschieden worden, wenn das Bauwerk an sich nur nach Betreten eines abgesperrten Parks sichtbar ist (so z.B. bei BGH Urteil vom 01.03.2013 - V ZR 14/12 - Sanssouci).
Abschließend merkte das Landgericht in seinem Urteil aber an, dass die Panoramafreiheit bei Luftaufnahmen von Werken, die durch beispielsweise Hecken oder Zäunen geschützt sind, anders zu bewerten sei.
Dementsprechend können sich Fotografen grundsätzlich nicht auf die Panoramafreiheit von Luftaufnahmen verlassen. Vielmehr müssen sie sich vergewissern, ob das Werk auch öffentlich und der Allgemeinheit zugänglich ist.
Das Urteil in ganzer Länge finden sie hier: https://openjur.de/u/2321628.html
Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter - Ref. jur. Philipp Schmelz
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