Doppelabmahnungen im Urheberrecht - Wie soll man damit umgehen?

druck im kopf robert kneschke fotolia comImmer wieder kommt es vor, dass Mandanten unserer Kanzlei von mehreren angeblichen Rechteinhabern abgemahnt werden. Teilweise wegen ein und desselben Filmwerks oder Musiktitels. Man spricht dann von einer sog. Doppelabmahnung.

Voraussetzung für den Ausspruch einer Abmahnung ist, dass der Abmahnende Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts an dem Werkstück (Film, Musikwerk, etc.) oder dessen Urheber ist. Dann ist er in der Regel "aktivlegitimiert", jedenfalls so weit, wie die räumlichen, sachlichen und zeitlichen ausschließlichen Nutzungsbefugnisse reichen.

Für andere Nutzungsarten bleibt grundsätzlich der Urheber selbst aktivlegimitiert.

Natürlich stellt sich bei Erhalt einer Doppelabmahnung dir Frage, ob die Doppelabmahnung berechtigt ist und ob es im Hinblick auf die zweite Abmahnung relevant ist, dass bereits nach Erhalt der ersten Abmahnung eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben wurde (sog. Drittunterwerfung im Urheberrecht).

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Wie bereits festgestellt kann der Urheber ggf. auch noch - neben einem ausschließlichen Nutzungsberechtigten - auch dann noch selbst aktivlegitimiert sein, auch wenn er einem Dritten für die konkrete Nutzungsart ein ausschließliches Nutzungsrecht an dem Werkstück (Filmwerk, Musiktitel, etc.) eingeräumt hat.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Urheber noch ein eigenes schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche hat, beispielsweise wenn seine Vergütung von den Einnahmen des Inhabers des ausschließlichen Nutzungsrechts abhängt (Dreier/Schulze, § 97 UrhG, Rn. 19).

Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts sind dagegen in der Regel nicht aktivlegitimiert im Rahmen des § 97 UrhG, sondern nach wie vor der Urheber (ebd., Rn. 20). Allerdings wäre eine gewillkürte Prozessstandschaft möglich (ebd., Rn. 21).

Daher ist es – je nach den Verträgen zwischen dem Urheber und dem Publisher – zumindest durchaus möglich, dass beide im Rahmen des § 97 UrhG aktivlegitimiert sind.

Drittunterwerfung im Urheberrecht?

Allerdings könnte zumindest dann die erneute Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ausscheiden, wenn die erste Unterlassungserklärung gegenüber dem ersten Abmahner auch gegenüber dem zweiten Abmahner wirksam ist.

Dies wäre dann der Fall, wenn es im Urheberrecht eine Art Drittunterwerfung gibt, wie sie im Wettbewerbsrecht anerkannt ist.

Das ist im Urheberrecht grundsätzlich jedenfalls nicht ohne Weiteres der Fall.

Es ist von der Rechtsprechung aber noch nicht abschließend geklärt ob eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem ersten Abmahner auch gegenüber weiteren ggf. berechtigten Abmahnern die Wiederholungsgefahr beseitigen kann, so wie es im Bereich der sog. Drittunterwerfung der Fall ist.

In der Literatur wird vertreten, dass eine ernsthafte und strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Urheber auch aus der Sicht des Inhabers eines ausschließlichen Nutzungsrechts – und umgekehrt – ausreichen kann (Dreier/Schulze, § 97 Rn. 42, m.w.N.). Diese Ansicht ist allerdings umstritten.

In dem Kommentar Schricker/Loewenheim, § 97 Rn. 127 wird diese Möglichkeit allenfalls im Rahmen einer Nutzerkette bejaht, nicht aber im Verhältnis zwischen dem ausschließlichen Nutzungsberechtigten und dem Urheber, der sein „Mutterrecht“ ausübt.

Ratschlag für die Praxis

Wenn eine Doppelabmahnung eintrift, sollte man sich - wie bei jeder Abmahnung - zunächst folgende Fragen stellen:

1. Habe ich überhaupt ein Interesse, die mir vorgeworfene Handlung aufrechtzuerhalten / noch mal zu begehen?

2. Kann ich es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, gegen eine ggf. abgzugebende Unterlassungserklärung zu verstoßen?

Wenn man beide Fragen mit "ja" beantwortet, ist es nach unserer Einschätzung und Erfahrung ratsam, eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. In Bezug auf die zweite Abmahnung sollte man darüber hinaus noch in einem ergänzenden Begleitschreiben darauf hinweisen, dass man bereits bzgl. des selben Werkstückes gegenüber einem anderen Abmahner eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben hat und ein Fall der Drittunterwerfung im Urheberreht vorliegt, die zweite Abmahnung also unwirksam ist.

Eine Zahlung an den zweiten Abmahner kann mit dieser Argumentation ggf. komplett vermieden werden.

Selbstverständlich sind aber immer die Umstände des Einzelfalles entscheidend.


Wenn Sie selbst von einer Doppelabmahnung betroffen sind, melden Sie sich einfach bei uns unter der 0681 94005430 oder per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Die Erstberatung erfolgt bei uns kostenfrei.

Beitrag erstellt unter Mithilfe von ref. jur. Michael Pfeiffer

Autor
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. - Fachanwalt für IT-Recht
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. - Fachanwalt für IT-Recht
Inhaber der Kanzlei - Fachanwalt IT-Recht
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. ist auf die Beratung in Fragen des IT-Rechts spezialisiert und berät seit mehr als 15 Jahren fokussiert im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes und den damit verbundenen Rechtsgebieten (Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht). Als Fachanwalt für IT-Recht und Master of Law & Informatics sowie Unternehmer / Investor bringt er insgesamt mehr als 20 Jahre Beratungserfahrung in seine Mandate ein. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich der IT-Vertragsberatung (Softwarelizenzbedingungen, IT-Projektverträge oder EVB-IT Verträge), der IT-Projektberatung und der Beratung im bei markenrechtlichen Konflikten sowie der Konsolidierung international ausgedehnter Markenportfolios.