Diese rechtlichen Änderungen werden im Jahr 2023 relevant!

check this 1714211 640Das Jahr 2023 hält einige Änderungen der Rechtslage bereit, die für den Online-Handel relevant sind. Welche Neuerungen im E-Commerce im Jahr 2023 bevorstehen, erfahren Sie in diesem Blog-Beitrag.

 

 

 

Änderungen im Elektrogesetz: Prüfpflichten für Marktplatzbetreiber und Fulfillment-Dienstleister

Zum 1. Januar 2023 gibt es bereits Änderungen im Elektrogesetz. So führt der Gesetzgeber eine Prüfpflicht ein. Hier sollen sich die Marktplatzbetreiber und Filfillment-Dienstleiter die Registrierung der Gerätehersteller nach dem ElektroG nachweisen lassen. Im Verpackungsgesetz wurde bereits eine ähnliche neue Prüfpflichten eingeführt (wir berichteten: https://www.dury.de/onlinerecht-blog/verpackungsgesetz-hinweispflichten-zur-systembeteiligung). Nun wird eine solche Prüfpflicht auch durch das Elektrogesetz bzgl. des Vertriebs von Elektrogeräten eingeführt.

Konkret bedeutet dies, dass Betreiber von elektronischen Marktplätzen und Fulfilment-Dienstleister nun bzgl. der Online-Händler, die den Marktplatz nutzen bzw. die Leistungen des Fulfilment-Dienstleisters in Anspruch nehmen, nun gem. § 6 Abs. 2 ElektroG prüfen müssen, ob der Hersteller bzw. Bevollmächtigte des Herstellers  in Deutschland ordnungsgemäß bei der "Stiftung ear" registriert ist und damit seinen Pflichten mit Blick auf die Entsorgung der Elektroaltgeräte auch nachkommt.

Aufgrund von Kapazitätsengpässe bei der "Stiftung ear", die mit der Vielzahl der Registrierungen scheinbar überfordert war , wurde die Übergangsfrist jedoch auf den 1. Juli 2023 verschoben. Erfüllen die betroffenen Akteure ihre jeweilige Registrierungs- bzw. Prüfpflicht auch nicht fristgerecht, so kann es sich um eine Ordnungswidrigke handelnit, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet wird.

Zudem gibt es zum 1. Januar 2023 in der Kennzeichnung von Elektro- und Elektronikgeräten Bereich Anpassungen. Bisher mussten solche Geräte mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden, wenn diese in privaten Haushalten genutzt werden können. Neu ist jetzt, dass eine entsprechende Kennzeichnung aller Geräte erfolgen muss, also auch im B2B-Bereich.

Eine weitere Änderung betrifft die Bevollmächtigung. Diese Änderungen hat jedoch keine Relevanz für Hersteller, die eine Niederlassung in Deutschland haben.

Die Umsetzung der Einwegkunststoff-Richtlinie: Änderungen im Verpackungsgesetz

Ab dem 1. Januar 2023 gelten zudem weitreichende Änderungen des Verpackungsgesetzes für Restaurants und Imbisse, die ihre Nahrungsmittel zum Abholen oder die entsprechende Lieferservices anbieten. Auch Essensbestellungen gelten als "Fernabsatzgeschäfte" und sind dem eCommerce zuzuordnen.

Gemäß § 33 Abs. 1 VerpackG müssen nun sog. "Letztvertreiber von Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und von Einweggetränkebechern" (= Restaurants / Imbisse) , die jeweils erst beim Letztvertreiber mit Waren befüllt werden, die in diesen Einwegverpackungen angebotenen Waren am Ort des Inverkehrbringens jeweils auch in Mehrwegverpackungen zum Verkehr anbieten. Auf Deutsch übersetzt bedeutet dies, dass nun auch Restaurants, Lieferdienste und Cafés dazu verpflichtet sind, eine Mehrwegalternative anzubieten. Ziel ist es, den Verbrauch von Einwegverpackungen aus Kunststoff für Essen und Getränke (To-Go Verpackungen zu verbrauchen.

Für Betriebe, die weniger als fünf Beschäftigte haben oder deren Verkaufsfläche 80 Quadratmeter nicht überschreitet, gibt es jedoch eine Ausnahmeregelung in § 34 VerpackG. Derartige Kleinbetriebe können ihre Pflicht nach § 33 Abs. 1 VerpackG auch dadurch erfüllen, dass sie dem Besteller des Essens (= Endverbraucher) anbieten, die Speisen und Getränke in von diesem zur Verfügung gestellten Mehrwegbehältnisse abzufüllen. Wenn Kunden also eigene, mitgebrachte Gefäße dabei haben, können kleine Betriebe ihre Pflicht aus dem neueen Verpackungsgesetz erfüllen, indem sie diese mitgebrachten Gefäße befüllen. Auch für den Vertrieb durch Verkaufsautomaten gibt es eine Ausnahmeregelung in § 34 Abs. 2 VerpackG.

Wichtig ist auch, dass Speisen und Getränke bei der Wahl von Mehrwegverpackungen nicht zu einem höheren Preis angeboten werden dürfen (vgl. § 33 Abs. 1 VerpackG). Gastronomiebetriebe und Lieferdienste dürfen lediglich auf die Mehrverpackung ein (angemessenes) Pfand erheben. Auf die Möglichkeit der Wahl von Mehrwegverpackungen müssen die Gastronomen und Lieferdienste ihre Kunden hinweisen. Diese Option darf nicht ausgeschlossen werden.

Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft

Neu kommt zum 1. Januar 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Dieses Gesetz regelt unternehmerische Sorgfaltspflichten für die Achtung von Menschen und den Schutz von Umweltbelangen. Durch das LkSG werden Firmen dazu verpflichtet, Menschenrechtsverletzungen und Umweltsünden in ihrer eigenen Lieferkette zu verhindern. Ab 2023 sind zunächst Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigte betroffen. Ab 2024 sind dann auch Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern betroffen.

De facto treffen die neuen bürokraitschen Anforderungen aber auch jetzt schon kleinere Unternehmer, die als Zulieferer derjenigen Unternehmen auftreten, für die das LkSG jetzt schon gilt, denn die Großunternehmen reichen ihre bürokratischen Rechenschaftspflichten innerhalb bestehender Lieferketten an Ihre Lieferanten gleichläufig durch.

Digital Services Act und Digital Market Act

Die neue EU-Verordnung über den gemeinsamen europäischen Digitalmarkt (Digital Markets Act) ist bereits am 1. November 2022 in Kraft getreten, gilt jedoch erst ab dem 2. Mai 2023.

Durch den "Digital Market Act" soll das Wettbewerbsrecht ergänzet und die Macht marktbeherrschender Digitalkonzerne beschränkt werden. Betroffen von dem "Digital Market Act" sind Unternehmen, die in digitalen Märkten erhebliche Marktmacht innehaben. Darunter können etwa Online-Marktplätze, aber auch Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Webbrowser und Anbieter von Betriebssystemen, wie Apple, Google oder Microsoft fallen. Für solche Unternehmen gelten dann strengere Regeln, so z.B. das Verbot bestimmter Geschäftspraktiken. Bis zur Umsetzungsfrist im Mai 2023 müssen Unternehmen selbständig prüfen, ob sie unter das Gesetz fallen und ggf. die EU-Kommission informieren.

Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) wurde ebenfalls bereits im November 2022 beschlossen, soll jedoch erst ab dem 17. Februar 2024 in der EU gelten. Dieses Gesetz soll die E-Commerce-Richtlinie ergänzen und Teile von ihr aktualisieren. Durch das Gesetz soll ein besserer Schutz der Nutzer und der Grundrechte im Internet gewährleistet werden. Dieses Verordnung regelt die Pflichten derjenigen digitalen Dienste, die als Vermittler fungieren und Verbrauchern den Zugang zu Waren, Dienstleistungen und Inhalten ermöglichen.

Für die meisten Unternehmen sollten der Digital Services Act und Digital Market Act also keine unmittelbare Relevanz besitzen.

Neue Regelungen im Urheberrecht: Die neue Auskunftspflicht des § 32d UrhG wird relevant!

Vor der Urheberrechtsnovelle 2021 gab es einen Auskunftsanspruch, bei dem Vertragspartner von Urhebern auf Anfrage des Urhebers Auskunft über den Umfang der Nutzung der Werke erteilen mussten. Aus diesem Auskunftsanspruch wurde bereits am 7. Juni Juni 2021 die neue Auskunftspflicht gem. § 32d UrhG entwickelt. Die Auskunft müssen die Vertragspartner von Urhebern aufgrund dieser Regelung also ohne Aufforderung erteilen. Die Auskunftspflicht muss zudem mindestens einmal jährlich erfüllt werden. Für Verträge, die nach dem 7. Juni 2021 geschlossen wurden gilt, dass die Auskunft über die Verwertung in Jahr nach der ersten Nutzung der Werke erteilt werden muss.

Die Auskunftspflicht gilt auch für Verträge, die vor dem 7. Juni 2021 geschlossen wurden. Bei solchen Verträgen müssen die Vertragspartner über alle Nutzungen berichten, die ab dem 7. Juni 2022 erfolgt sind. Da die Auskunft erstmals nach einem Jahr gegeben werden muss, erfolgt für Altverträge die erste Auskunft somit ab dem 7. Juni 2023. Ziel des Gesetzes ist es, dass Urhebern bei der Einräumung von Nutzungsrechten, eine angemessene Bezahlung für ihre Leistung geltend machen können. Durch die Auskunft können sie erst wissen, wie wertvoll ihre Werke tatsächlich sind.

Von der Auskunftspflicht gibt es gem. § 33d Abs. 2 jedoch zwei Ausnahmen:

  • Nr. 1: Die Auskunftspflicht ist ausgeschlossen, wenn der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat, es sei denn, der Urheber legt aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte dafür dar, dass er die Auskunft für eine Vertragsanpassung benötigt. Nachrangig ist demnach ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört.
  • Nr. 2: Die Auskunftspflicht ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde.

Auch ist es grundsätzlich denkbar, von dieser Pflicht durch eine vertragliche Vereinbarung abzuweichen. Dies soll jedoch nur in engen Grenzen möglich sein.
Sollte die Auskunftspflicht nicht eingehalten werden, können Urhebervereinigungen einen Unterlassungsanspruch durchsetzen.

Die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie: Wann kommt das neue Hinweisgeberschutzgesetz?

Seit 2023 gilt das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Dieses soll die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen. Diese Richtlinie hätte Deutschland schon Ende 2021 umsetzen müssen (wir berichteten: https://www.dury.de/sonstige-blogartikel/aktueller-stand-zur-umsetzung-der-eu-richtlinie-zum-schutz-von-whistleblowern). Aufgrund der fehlenden Umsetzung hatte die EU-Kommission bereits gegen 24 Mitgliedstaaten der EU (darunter auch Deutschland) ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Die Richtlinie sieht vor, dass sogenannten Whistleblower (hinweisgebende Personen) besser geschützt werden sollen. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll hierfür Meldewege zum Arbeitgeber und zu unabhängigen Stellen schaffen. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sollen ab Inkrafttreten zur Umsetzung der Vorschrift verpflichtet werden, während es für Unternehmen mit mehr als 50 und bis zu 249 Mitarbeitern eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 geben soll.

Whistleblowern sollen durch das Gesetz auch besser vor Kündigungen geschützt werden, indem eine Beweislastumkehr geregelt wird. Dies soll zur Folge haben, dass wenn einem hinweisgebenden Mitarbeiter gekündigt wird, der Arbeitgeber beweisen müsse, dass die Kündigung in keinem Zusammenhang mit der Aufdeckung von Missständen durch diesen Mitarbeiter steht.

Besteuerung digitaler Plattformen: Meldepflicht nach DAC 7

Digitale Plattformbetreiber (z.B. Betreiber von Online-Marktplätze) sollen verpflichtet werden, den Finanzbehörden Informationen über die Einkünfte von Anbietern auf diesen Plattformen zu melden. Das Gesetz soll die Richtlinie (EU) 2021/514 umsetzen und befindet sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren.

Kommt die Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie?

Die Umsetzung der sogenannten Verbandsklagerichtlinie befindet noch im Gesetzgebungsverfahren. Diese sollte eigentlich bis zum 25. Dezember 2022 umgesetzt werden. Das Umsetzungsgesetz muss spätestens am 25. Juni 2023 in Kraft treten. Ansonsten könnte Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren drohen. Der Verbandsklagerichtlinie sieht „Sammelklagen“ auf Leistung vor. Bislang können Verbraucher lediglich über die Musterfeststellungsklage rechtlich verbindliche Feststellungen erreichen. Nun soll eine Verbandsklage direkt beispielsweise auf Schadensersatz oder Reparatur gerichtet werden können. Was genau geregelt wird in dem neuen Gesetz, bleibt abzuwarten. Auch wann das neue Gesetz in Kraft treten soll bzw. beschlossen wird, ist noch nicht klar.

Co-Autor: Wissenschaftliche Mitarbeiterin - Stud. jur. Natalie De Agazio

Bildquelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. - Fachanwalt für IT-Recht
Autor: Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. - Fachanwalt für IT-Recht
Kanzleiinhaber, Fachanwalt für IT-Recht
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Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, hat sich auf die rechtliche Beratung in Fragen des IT-Rechts und den damit verbundenen Rechtsgebieten (Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Er ist Inhaber von DURY LEGAL Rechtsanwälte.