OVG Nordrhein-Westfalen: Vorratsdatenspeicherung doch verfassungswidrig - Beschluss vom 22.06.2017 - Az.: 13 B 238/17

PRESSEMITTEILUNG      23.06.2017

Ab dem 01.07.2017 – so wurde es im Dezember 2015 in dem Telekommunikationsgesetz geregelt – müssen die Anbieter von Telekommunikationsdiensten „auf Vorrat“ Daten für Zwecke der Strafverfolgung speichern, die bei der Nutzung anfallen: Verkehrsdaten für 10 Wochen, Standortdaten für 4 Wochen. Jedoch verstößt diese Regelung gegen Europarecht, hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 22.06.2017 festgestellt.

Das OVG Nordrhein-Westfalen bezieht sich auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 21.12.2016, C-203/15 und C-698/15. Der EuGH hat darin in Ergänzung zu seiner Entscheidung vom 8.4.2014, C-293/12 und C-594/12, klargestellt, dass nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung stets objektiven Kriterien genügen müssen, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen. Durch solche Voraussetzungen müsse in der Praxis der Umfang der Maßnahme und die von ihr betroffenen Personenkreise wirksam begrenzt werden. Die nationale Regelung müsse sich auf objektive Anknüpfungspunkte stützen, um nur solche Personenkreise von einer Vorratsdatenspeicherung zu erfassen, deren Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Verhinderung schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Sicherheit geeignet sind.

Eine anlasslose Speicherpflicht ist danach nicht mit den europäischen Datenschutzvorgaben vereinbar.

Marit Hansen, Leiterin des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz, begrüßt die Entscheidung:

„Der Beschluss des OVG bestätigt unsere Kritik an der

Vorratsdatenspeicherung: Eine anlasslose Pauschalspeicherung der

Verkehrs- und Standortdaten der Nutzenden von Telefon- und Internetdiensten ist nicht mit den Grundrechten und nicht mit den Vorgaben des EuGH vereinbar. Damit ist die Speicherpflicht schon einkassiert, bevor sie gültig wird. Jetzt ist der Gesetzgeber aufgefordert, die gerade wieder eingeführten Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung zu korrigieren.“

Vor dem Bundesverfassungsgericht sind mehrere Beschwerden zur Vorratsdatenspeicherung anhängig.

Link zur Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen zum Beschluss Az. 13 B 238/17:

http://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/36_170622/index.php

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Autor
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. - Fachanwalt für IT-Recht
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Inhaber der Kanzlei - Fachanwalt IT-Recht
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. ist auf die Beratung in Fragen des IT-Rechts spezialisiert und berät seit mehr als 15 Jahren fokussiert im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes und den damit verbundenen Rechtsgebieten (Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht). Als Fachanwalt für IT-Recht und Master of Law & Informatics sowie Unternehmer / Investor bringt er insgesamt mehr als 20 Jahre Beratungserfahrung in seine Mandate ein. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich der IT-Vertragsberatung (Softwarelizenzbedingungen, IT-Projektverträge oder EVB-IT Verträge), der IT-Projektberatung und der Beratung im bei markenrechtlichen Konflikten sowie der Konsolidierung international ausgedehnter Markenportfolios.