Der Bundesgerichtshof kippt in einem neuen Beschluss (Az.: KVR 54/20) die sogenannte Bestpreisklausel von Buchungsportalen wie Booking.com. Die Buchungsportale dürfen den Partnerhotels nicht mehr verbieten, Zimmer auf der hoteleigenen Webseite für denselben oder einen günstigeren Preis anzubieten. Die „engen Bestpreisklauseln“ seien nicht mit dem Kartellrecht vereinbar.
Über das Buchungsportal Booking.com können Nutzer per Direktbuchung Hotelaufenthalte buchen. Seit Juli 2015 war in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Portals eine „enge Bestpreisklausel“ verankert. Diese Klausel schrieb vor, dass die Partnerhotels ihre Zimmer auf der hoteleigenen Webseite nicht günstiger anbieten durften. Den Hotels blieb lediglich die Möglichkeit, Zimmer ohne weitere Onlinewerbung „offline“ günstiger anzubieten. Bereits im Dezember 2015 erklärte das Bundeskartellamt die Klausel für kartellrechtswidrig und hat eine weitere Verwendung der „Bestpreisklauseln“ seit Februar 2016 untersagt. Dem kam Booking.com nach. Allerdings begann 2016 die gerichtliche Überprüfung dieser Klausel. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob zunächst die vom Bundeskartellamt erlassene Verfügung auf. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Angelegenheit nun final entschieden und die Anordnung des Bundeskartellamts wieder in Kraft gesetzt.
Nach Ansicht des BGH beschränkt die Bestpreisklausel die Hoteliers in ihrem Wettbewerb beim Anbieten von Hotelzimmern. Durch die Klausel werde den Hotels die Möglichkeit genommen, durch ein eigenes (Online) Angebot an den Kunden die Vermittlungsprovision von Booking.com einzusparen.
Maßgeblich ist nach Ansicht des BGH die Vorschrift des Art. 101 Abs. 1 AEUV. Die enge Bestpreisklausel ist nämlich nur dann vom Verbot des Art. 101 AEUV ausgenommen, wenn sie als Nebenabrede zu einem kartellrechtsneutralen Austauschvertrag notwendig ist, um einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen Booking.com als Portalbetreiber und den Hotels als Abnehmer der Vermittlungsdienstleistung zu gewährleisten. Ermittlungen des Bundeskartellamts haben ergeben, dass Booking.com nach der Analyse verschiedener Maßstäbe wie Umsatz, Marktanteil, Buchungsmengen und Anzahl der Partnerhotels seine Marktstellung in Deutschland im streitigen Zeitraum sogar noch ausbauen konnte.
Die enge Bestpreisklausel unterliegt nach Ansicht des BGH auch nicht der Gruppenfreistellung des Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO, da der Marktanteil von Booking.com in der Hotellerie-Branche mehr als 30% beträgt. Auch eine so genannte Einzelfreistellung gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV ist ausgeschlossen, da es bereits an der ersten Voraussetzung für eine Freistellung fehlt. Voraussetzung ist nämlich einer Verbesserung der Warenerzeugung, der Warenverteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts. Eine solche Verbesserung oder Förderung ist jedoch nicht erkennbar.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs kommt im Ergebnis den Hoteliers zu Gute. Diese können ihre Zimmer zukünftig auch selbst online günstig bewerben. Dies sorgt dafür, dass die Hoteliers künftig auch weniger von Buchungsportalen abhängig sein dürften. Allerdings besteht zu befürchten, dass die geringere Abhängigkeit in der Branche kaum zu Veränderungen führen wird. Dies liegt darin begründet, dass Online-Buchungen von Hotels in der immer weiter digitalisierten Welt stetig zunehmen. Bereits vor Corona (2019) wurden nach einer Erhebung des Verband Internet Reisevertrieb e.V. mehr Buchungen on- als offline vorgenommen (vgl. https://v-i-r.de/df/2019/mobile/index.html).
Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter - Ref. jur. Philipp Schmelz
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