Im Mai 2015 sind bei uns wieder massenhaft neue Forderungsschreiben des Inkassounternehmens DEBCON eingegangen. DEBCON und die Rechtsanwaltskanzlei Oliver Edelmaier, die scheinbar zusammenarbeiten, argumentieren in diesen Schreiben mit einer angeblich 10 Jahre andauernden Verjährungsfrist bei Filesharing-Abmahnungen!
Das im Filesharing-Bereich beauftragte Inkassounternehmen DEBCON GmbH und die Anwaltskanzlei Oliver Edelmaier vertreten also die Auffassung, die Kostenforderungen aus Filesharing-Abmahnungen nach zehn Jahren verjähren und nicht nach drei Jahren.
Diese Auffassung wurde zwar von fast allen von uns bislang mit dieser Frage beschäftigten Gerichten zwischenzeitlich für falsch erklärt, dies hält das Inkassounternehmen DEBCON und auch die Kanzlei Edelmaier aber nicht davon ab, den Abgemahnten die etwas andere "Rechtswahrheit" als herrschende Meinung verkaufen zu wollen.
Lesen Sie nachfolgend, welche absolute Mindermeinung DEBCON zur Zeit verbreitet.
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Debcon argumentiert:
Rechtsanwalt Oliver Edelmeier argumentiert:
Nach allgemeiner Auffassung, beträgt die Verjährungsfrist bei Filesharing-Abmahnungen allerdings nur drei Jahre, wobei die Verjährungsfrist nicht am Tag der Rechtsverletzung, sondern erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Rechteinhaber bzw. die für ihn abmahnende Kanzlei sowohl von der Rechtsverletzung als auch von dem Namen und der Anschrift des Anschlussinhabers Kenntnis erlangt, § 102 Satz 1 UrhG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
Auch immer mehr Gerichte stehen auf dem Standpunkt, dass Schadensersatzansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung in 3 Jahren verjähren gem. § 195 BGB. Auch wenn es sich um keine gesicherte Rechtsprechung handelt, so scheint es sich um einen neuen begrüßenswerten Trend bei den Gerichten zu handeln.
So auch das AG Bielefeld Urteil vom 06.03.2014 (Az. 42 C 368/13): Filesharing - 3-jährige Verjährung auch für Lizenz-Schadensersatz
„Auch der Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr i.H.v. 2.500,00 € ist mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt, da entgegen der Auffassung der Klägerin auch dieser Anspruch einer 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegt. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt” (BGH, Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt „Bochumer Weihnachtsmarkt” behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, sodass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Die Verwertungsgesellschaft GEMA ermöglicht es nämlich gerade einem Nutzer, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen. Demgegenüber besteht in Filesharingangelegenheiten keine Möglichkeit, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Die Klägerin trägt hierzu vor, dass sie nicht daran interessiert sei, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizensieren. Vorliegend hätte der Beklagte daher selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schliessen können. Der Beklagte hat mithin gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es Benutzern von Filesharing-Systemen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Dass damit notwendigerweise auch verbunden ist, dass während des eigenen Uploadvorganges gleichzeitig Dritten ein Download der übertragenen Datenfragmente vom eigenen Computer ermöglicht wird, ist eine notwendige Folge, die die Nutzer der Filesharingbörsen in Kauf nehmen. Insoweit liegt jedoch gerade kein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte vor.“
AG Düsseldorf Urteil vom 24.07.2014, Az. 57 C 15659/13 § 97 UrhG: Filesharing - Anspruch auf Schadensersatz verjährt innerhalb von 3 Jahren Maßgeblich ist die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die Ende 2013 ablief.
"Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 UrhG,852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung “Bochumer Weihnachtsmarkt” (BGH Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt “Bochumer Weihnachtsmarkt” behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, so dass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte die Beklagte daher selbst dann, wenn sie dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können. Zutreffend hat das AG Bielefeld in seiner Entscheidung vom 4.3.14 (Aktenzeichen 42 C 368/13) festgehalten, dass es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse dem Wesensmerkmal nach um unerlaubte Handlungen handelt, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Dem schließt sich das erkennende Gericht an."
AG Kassel, Urteil vom 24.07.2014, Az. 410 C 625/14: Für Schadensersatzansprüche wegen Filesharings (”Lizenzschaden”) gilt keine Verjährungsfrist von 10 Jahren Die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 97, 97a UrhG unterliegen der Verjährung.
„Die regelmäßige Verjährungsfrist für diese Ansprüche beträgt gemäß § 195 BGB 3 Jahre. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger - hier die Klägerin - von allen anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners - hier der Beklagte - Kenntnis erlangt hat.“
Die Verjährungsfrist von 3 Jahren ist jedoch nicht ganz unumstritten.
Nach Ansicht des LG Düsseldorf verjähren Ersatzansprüche aus einer Verletzung des Urheberrechts erst in 10 Jahren von ihrer Entstehung an (LG Düsseldorf, Urt. v. 31.10.2012; Az. 12 O 405/11). Diese Auffassung dürfte jedoch abzulehnen sein, da sie das Wesensmerkmal des Filesharing nur unzureichend berücksichtigt. Der BGH hat zur Verjährungsthematik im Filesharing - Bereich bisher noch keine Stellung bezogen, so dass die gegensätzlichen Entscheidungen eine gewisse Rechtsunsicherheit für die Betroffenen zur Folge haben.
Fazit:
Immer mehr Gerichte bestätigen unsere Auffassung, dass die Verjährungsfrist bei Filesharing-Abmahnungen nur 3 Jahre beträgt. Eine Aussage zur endgültigen Verjährung und dem genauen Tag kann aber nur nach einer Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, da auch andere Umstände Einfluss auf die Verjährung nehmen können. Da alle diese Faktoren Einfluss auf den tatsächlichen, endgültigen Tag des Eintritts der Verjährung haben, ist es schwierig, diesen generell und pauschal zu benennen.
Klar ist, dass die Rechtsauffassung von DEBCON und der Kanzlei Edelmaier, die Verfährungsfrist sei mit 10 Jahren zu berechnen, von immer weniger Instanzgerichten geteilt wird. BGH-Rechtsprechung zu dieser Frage existiert bislang nicht.