Unzulässige Rechtsausübung einer Marke bei Vorbenutzung

registered 709695 640Wurde eine Marke angemeldet, die zuvor von einem Dritten benutzt wurde (sogenannte Vorbenutzung), stellt sich die Frage, ob der Markenanmelder bei Kenntnis der Vorbenutzung bösgläubig gehandelt hat. Gemäß § 8 Absatz 2 Nummer 14 MarkenG ist eine bösgläubige Markenanmeldung von der Eintragung ausgeschlossen. Ist die Eintragung bereits erfolgt, so ist diese Eintragung gemäß § 50 Absatz 1 MarkenG nichtig und zu löschen.

Wann ist eine Markenanmeldung bösgläubig?

Eine bösgläubige Markenanmeldung liegt allgemein dann vor, wenn dem Markenanmelder ein wettbewerbsrechtlich unlauteres Verhalten nachzuweisen ist. Die Anmeldung eines bereits existierenden Zeichens alleine reicht nicht aus um Bösgläubigkeit zu begründen. Hierfür ist eine Beweiserhebung im Einzelfall notwendig.

Es muss somit ein Nachweis über eine wettbewerbsrechtlich unlautere Art und Weise der Anmeldung vorliegen. Ein solches Verhalten kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Anmeldende eine zweckgerichtete Störung des Vorbenutzers veranlasste und dabei die Absicht hatte, den Gebrauch des Zeichens gänzlich unmöglich zu machen oder das Unternehmen unter nicht nur unerheblichen Druck zu setzen (BPatG, Beschluss vom 28.04.2009 – Az. 32 W (pat) 77/07).

Wie ist die Rechtslage bei Vorbenutzung einer Marke?

Markenschutz entsteht gemäß § 4 MarkenG durch Eintragung der Marke, durch Benutzung der Marke und durch Erwerb von Verkehrsgeltung oder durch notorische Bekanntheit einer Marke. Diese Voraussetzungen liegen bei der Vorbenutzung einer Marke gerade nicht vor. Eine Vorbenutzung gewährt nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb des Markenrechts (BGH, Beschluss vom 03.02.1998 – Az. X ZB 6/97).

Das Markengesetz kennt also kein Vorbenutzungsrecht eines Zeichens. Daher kann eine Markenanmeldung in Kenntnis der Vorbenutzung eines Zeichens durch einen Dritten nicht ohne weiteres als wettbewerbswidrig anzusehen sein.

Dies gilt gleichermaßen für die Vorbenutzung im In- sowie im Ausland. Die ausländische Benutzung einer Marke begründet auch dann keinen inländischen Schutz, wenn das Zeichen im Ausland Verkehrsgeltung erlangt hat.

Jedoch kann im Einzelfall eine rechtsmissbräuchliche Markenanmeldung angenommen werden. Ein Rechtsmissbrauch ist dann anzunehmen, wenn der Vorbenutzer zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits einen wertvollen Besitzstand erworben habe, der Anmelder hiervon Kenntnis habe und ohne zureichende sachliche Gründe die Eintragung anstrebe, um den Gebrauch der Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu stören oder zu sperren, sogenannte Behinderungsabsicht (BGH, Urteil vom 10.01.2008 – Az. I ZR 38/05). Hierfür ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich.

Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH)

Auch der EuGH musste sich in seinem Urteil „Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli) (Urteil vom 11.6.2009 – Az. C-529/07) mit dieser Frage auseinandersetzen. Nach dem EuGH kann eine Bösgläubigkeit des Anmelders nicht alleine damit begründet werden, dass er am Anmeldetag bereits von dem vorbenutzten und später angegriffenen Zeichen wurde.

Für die Frage der Bösgläubigkeit des Anmelders über die Gemeinschaftsmarke im Sinne von Artikel 51 Absatz 1 b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20.12.1993, muss das nationale Gericht alle erheblichen Faktoren berücksichtigen, die dem von ihm zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke vorliegen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen:

  •           Weiß der Anmelder, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet oder muss er dies wissen?

  •           Hat der Anmelder die Absicht, den Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern?

  •           Wie hoch ist der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen?

Fazit

Wird eine Marke angemeldet, die zuvor von einem Dritten benutzt wurde (sogenannte Vorbenutzung), kann diese von der Eintragung ausgeschlossen sein. Wurde sie bereits eingetragen, besteht die Möglichkeit diese Marke für nichtig erklären zu lassen und deren Löschung zu beantragen (§ 8 Absatz 2 Nummer 14 MarkenG).

Das Vorliegen des absoluten Schutzhindernisses unterliegt einer detaillierten Prüfung, da eine Bösgläubigkeit des Anmelders nachzuweisen ist. Dabei sind alle erheblichen Faktoren des Falles (wie Vorkenntnisse des Anmelders über die Vorbenutzung; Hinderungsabsichten des Anmelders; Abwägung der Schutzgrade der beiden Zeichen) zu berücksichtigen.

Liegen die Voraussetzungen vor und kann somit dem Anmelder eine Bösgläubigkeit nachgewiesen werden, so ist die Marke aufgrund des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Absatz 2 Nummer 14 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Eine bereits eingetragene Marke kann gelöscht werden.

 

Co-Autorin: Wissenschaftliche Mitarbeiterin - Stud. jur. Natalie De Agazio

Bildquelle: Bild von Pete Linforth auf Pixabay

H