Die europäische Kommission hat Ende Juni kurz vor Ablauf der Frist einen Angemessenheitsbeschluss bezüglich der Datenexporte nach Großbritannien verabschiedet. Die Kommission stellt damit fest, dass nach ihrer Ansicht das Datenschutzniveau in Großbritannien auf einem gleich hohen Schutzniveau wie in der Europäischen Union ist.
Einem rechtmäßigen Export personenbezogener Daten nach Großbritannien steht somit nichts mehr im Wege.
Mit der Verabschiedung der Angemessenheitsentscheidung stellt sich die EU-Kommission gegen das EU-Parlament, welches zuvor die Verabschiedung des UK-Angemessenheitsbeschlusses mit knapper Mehrheit ablehnte.
Das EU-Parlament hat im Hinblick auf den Datenschutz in Großbritannien mehrere Bedenken.
Erstens sieht es die Anforderungen an einen Angemessenheitsbeschluss gemäß Art. 45 ff. DSGVO als nicht erfüllt an.
Zudem war das Parlament darüber besorgt, dass die Daten aus Großbritannien auf Basis bi- oder multilateraler Abkommen in Drittstaaten exportiert werden dürfen, in denen das Datenschutzniveau der EU nicht eingehalten werden kann.
Auch die Massenüberwachungspraxis in Großbritannien sowie die vom EuGH für rechtswidrig befundenen Datenzugriffsbefugnisse britischer Geheimdienste (Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2020 - C-623/17) wurden nach Ansicht des Parlaments im Entwurf des Angemessenheitsbeschlusses nicht hinreichend berücksichtigt.
Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass der EuGH den Angemessenheitsbeschluss als unzulässig betrachten wird. Die Voraussetzungen ähneln denen des EU-US Privacy Shields.
Betrachtet man sich die Schrems II Entscheidung des EuGH (Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 - Az.: C 311/18), lassen sich viele Parallelen im Hinblick auf die Ablehnungsgründe auffinden. Insbesondere die ausufernde Geheimdienstrechte stellen ein großes Problem dar. Aus diesem Grund überlegen bereits einige Politiker vor dem EuGH zu klagen.
Auch wenn derzeit ein Export personenbezogener Daten nach Großbritannien auf Basis des Angemessenheitsbeschlusses möglich ist, besteht zu befürchten, dass dieser im Rahmen eines Gerichtsprozesses wieder aufgehoben wird.
Dies gilt umso mehr, als das Großbritannien derzeit überlegt die bestehenden (noch an der DSGVO orientierten) Datenschutzregelungen umzustellen. Aus diesem Grund hat sich auch die EU-Kommission vorbehalten, bei Änderungen des Datenschutzes in Großbritannien, in Bezug auf den Angemessenheitsbeschluss schnell zu reagieren.
Die Dauer des Angemessenheitsbeschlusses ist vorerst auf vier Jahre datiert. Ob der Beschluss überhaupt solange hält, bleibt daher abzuwarten.
Co-Autor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter - Ref. jur. Philipp Schmelz